Mal kurz zwischendurch

Der Precht hat ja wohl den ARSCH offen!!!!! Hat jemand gesehen wie Mister: Ich bin so schlau und der bessere Mensch, weil ich Kinder habe – mit einem Rundumschlag mal eben ALLE staatlichen Schulen niedergemacht hat uns Lehrer ALLLE als unkreative und unfähige Menschen bezeichnet hat und uns endlich erklärt hat, warum wir bei Pisa so schlecht abgeschnitten haben? Weil wir so viele Migranten haben und dann noch gleich die bildungsfernen Schichten hinterher geschoben. Alles klar – alle Menschen mit Migrationshintergrund sind bildungsfern.
Auf seine Sendung freue ich mich ja jetzt schon. Herr Precht erklärt uns was für Deutschland wichtig ist und wie Bildung funktionieren muss.
Eine direkte Kritik von der unkreativen, unfähigen Basis wird es dann postwendend hier auf dem Blog geben.
Danke Herr Precht! Kleiner Tipp mit etwas weniger selbstgefälliger Arroganz geht es vielleicht auch!

Bedingungsloser Unterricht

„Ihr wisst doch, dass ich in der anderen Achten Klasse Ethik unterrichte und ich wollte heute mit denen über ein Thema sprechen, aber ich weiß nich nicht so richtig, ob das nicht zu schwer ist und deshalb hatte ich gedacht, dass ich das kurz mal an euch austeste.“

Eigentlich haben wir Kunst und meine Klasse bearbeitet gerade das Thema Paralleperspektive. Jetzt gucken Sie mich alle gebannt an.
Rosa sitzt, wie immer direkt vor meiner Nase: „Ja, sagen Sie!“
„Okay, also, ihr wisst ja, wie das in Deutschland so läuft mit der Arbeit und den Steuern. Wir haben ja auch schon mal, mit Hamid als Testperson, ausgerechnet wie viel Geld ein Erwachsener im Monat zum Leben braucht. Ihr erinnert euch?“
Hamid: „Hähhhh???“
Taifun: „Ja, 1200 Euro.“
„Genau. Und jetzt gibt es mehrere Gruppen in Deutschland, die sich ein neues System überlegt haben, das nennt sich bedingungsloses Grundeinkommen. Da soll jeder Erwachsene so 1000 Euro oder etwas mehr oder weniger, bekommen und daran sind keine Bedingungen geknüpft. Also nicht, wie jetzt bei HartzIV, wo man sich ständig irgendwo bewerben muss oder zu irgendwelchen Maßnahmen gehen soll.“
Taifun meldet sich: „Aber woher kommt dann das Geld dafür?“
„Gute Frage, also es gäbe kein HartzIV mehr und kein Kindergeld und kein Bafög. Und wahrscheinlich würde die Mehrwertsteuer auch ein wenig teurer.“
Hamid guckt mich verwirrt an: „Bafög!“
„Mann, das bekommst du, wenn du studierst.“, sagt Rosa genervt über die Unterbrechung und grinst mich dann an: „Mein Bruder bekommt das.“

Oskar fragt, ob das dann jeder bekäme und wie das mit Kindern und Jugendlichen wäre. Ich versuche so gut wie möglich alles zu erklären. Dann kurze, konzentrierte Still. Alle denken nach.
Taifun hat als erster eine Meinung: „Ich fände das gut. Ich würde einen Dönerladen aufmachen.“
Oskar meint, dass viele Leute dann bestimmt gar nicht mehr arbeiten würden.
Rosa meldet sich: „Aber, Frau Freitag, viele Leute wollen ja arbeiten und die finden aber keine Arbeit. Weil, wenn sie sich bewerben, dann hat schon jemand anderes die Arbeit.“
„Genau Rosa, es gibt in bestimmten Bereichen gar nicht genug Arbeit für alle. Das wäre dann nicht mehr so schlimm.“
Fatima meldet sich: „Also ich würde arbeiten gehen, weil es doch auch langweilig wäre, nur zu Hause zu sitzen. Ich würde mir einen Beruf suchen, der mir Spaß macht.“
„Es gibt ja auch viele Leute, die einen Job haben, den sie nicht mögen. Das ist ja auch nicht gut.“ gibt Rosa noch zu bedenken. „Also ich finde das System gut. Frau Freitag, wann kommt das?“, fragt sie dann noch.
„Na, das kommt jetzt gar nicht, das sind nur so Ideen von manchen Leuten.“
„Frau Freitag, es nervt ja auch, dass es immer die gleichen Läden gibt. So Fast Food. Vielleicht gäbe es dann andere Läden.“, sagt Gülistan.
„Ja, auf jeden Fall den neuen Dönerladen von Taifun.“, sage ich.

Nachdem wir noch eine Weile diskutiert haben, begeben wir uns fröhlich und zufrieden in die Parallelperspektive.

In der Pause denke ich: „Na, das wird super, nachher mit der anderen Klasse.“ Aber, aber… ich kann mal ganz klar feststellen: Eine Stunde nur mündlich, ohne jeglichen Phasenwechsel in der Achten Klasse… sorry, haut nicht hin. Ja, wir haben interessant diskutiert. Erst über die Abzüge meines Gehalts, dann über das bedingungslose Grundeinkommen und zwischendrin sogar noch über Rassismus im Allgemeinen und über rassistische Kommentare auf der McDonald Facebookseite im Besonderen. Aber fragt mich nicht WIE. Nächste Woche gibt es auf jeden Fall wieder schriftliche Arbeitsaufträge!

Different shades of grey

Heute war ich mal wieder alles:

1. Die Gehetzte – zu spät losgegangen und dann den ganzen Weg über auf die Uhr geguckt, ob ich es noch schaffe. Das stresst enorm! Aber – ich war noch pünktlich.

2. Die Meckernde – in der ersten Stunde habe ich meinen Schülern ihre Fehlzeiten vorgelesen – oh, oh, oh. Im wahrsten Sinne gehen die auf keine Kuhhaut – vielleicht noch auf eine sehr große. Zwei Mädchen fangen an gemeinsam zu schwänzen. Also war ich – gemeinsam mit meiner Erzieherin auch noch – die Einlaufverpasserin.

3. Die Freihabende – diesen Part kann ich gut. Einfach mit dem Lieblingskollegen in ein Cafe gehen und Kaffee trinken, rauchen und gepflegt über die doofen Kollegen ablästern und die Netten nett finden.

4. Der Erklärbär – past progressive – „Ey Leute, sooo schwer ist das doch nicht: was oder were und dann an das Verb ein -ing. Mehr verlange ich doch gar nicht. Die Verben habt ihr doch eben noch übersetzt und die stehen doch sogar an der Tafel!

5. Die Sichbesprecherin – Meeting mit der Erzieherin. Über einem weiteren Kaffee haben wir jeden einzelnen Schüler unserer Klasse durchgehechelt. Ach, ich war auch noch die Zumkaffeeeinladende.

7. Die Hoffende – die, die eigentlich in der Pause eine Zwischenaufgabe für die schon fertig seienden Schüler kopierende, war ich nämlich heute nicht. Deshalb blieb mir nur die Rolle der darauf Hoffenden, etwas zu finden. Hoffentlich habe ich noch irgendwelchen einfachen Zeichenschnulli, den die in der nächsten Stunde machen können.

8. Die Glückliche – weil ich genügend Schnullikram gefunden habe, der die schon fertigen Schüler ruhig stellte.

9. Die Motivatöse – „Kommt Kinder, jetzt zeichnet mal schön und seid leise. Ich mache euch auch Musik an.“

10. Die Soundtrackverteidigerin – „Das soll euch beruhigen. Nein, ich habe keine Rock ’n‘ Roll Musik. Das ist von einem Film. Ruhe jetzt, das ist mein Lieblingslied. (by the way: Musik von „Das Piano“)

11. Die Sichbequatschenlassende – „Okay, aber nur wenn ihr ruhig seid!“

12. Die Tanzende – „Komm Chanel, wir tanzen. Das Lied ist von Anastasia. Ach, hattest du auf Handy…so so.“

13. Die Schlichtende – Günther hat sich geprügelt. Er hatte seine guten Gründe. Ich hätte mich auch geprügelt. Gemeinsam mit der Erzieherin waren wir die Sichallesanhörenden und die Alleswiedergutmachenden. Blieb sogar noch etwas Mittagspause übrig.

14. Die Derangierte – „Ja, ich habe schlechte Laune! Weil ihr nicht ruhig sein könnt. Ja Kani, mir ist auch heiß. Ich habe auch Hunger und stell‘ dir mal vor, ich muss auch aufs Klo und gehe nicht!“

15. Die Sichpeinlichmachende – „Okay, dann spiele ich euch den Dialog jetzt vor.“ „Was sollte das eben sein, Frau Freitag?“ „TANZEN! Cheryl hat doch gesagt, dass sie in einer Tanz-AG ist.“

16. Die Erleichterte – „Okay, hebt das Papier dahinten bitte noch auf und stellt alle Stühle hoch.“

17. Die Glückliche – Wer hat schon einen so abwechslungsreichen Job?

PS: Leider bin ich allerdings auch gerade die Stinkende. (Ist echt immer noch übelst heiß in meinem Raum.)

Frau Freitag fummelt an der Hardware

„Hast du einen Schraubenzieher?“, frage ich den Freund. Der guckt mich verwirrt an.
„Ich will den Computer reparieren. Ich glaube, ich muss die Grafikkarte austauschen.“ Die Verblüffung nimmt keineswegs ab.

Gestern sitze ich in der Küche und schreibe meinen Blog. Plötzlich ruft mein Freund aus meinem Zimmer: „Du irgendwas ist mit deinem Computer. Der Bildschirm geht nicht mehr.“ Ich denke: Mist! Gehe zum Gerät, schalte ein und aus und wieder ein und Bildschirm ein und aus und wieder ein und der Bildschirm sagt immer nur: no signal. Ich also an allen Kabeln gerüttelt. Nichts.

Heute habe ich mich schlau gemacht und in der Schule von einem Kollegen sogar eine Einweisung in Sachen: Grafikkarte austauschen erhalten. Im Bus denke ich noch: Wenn ich das schaffe, also den Computer zu reparieren, dann bin ich der KING. FOREVER! Das würde mir so einen enormen Selbstbewußtseinsschub geben… mit nichts vergleichbar.

Ich also ran an das Gehäuse. Puh, voll staubig – war klar jewesen, steht ja auch auf dem Boden und dort wird irgendwie nie sauber gemacht. Als Nächstes hole ich mir auf jeden Fall einen MAC und sei es nur, weil der auf dem Schreibtisch nicht so einstaubt. Wir krabbeln also über den Boden und ich schraube fachmännisch das Teil auf. Mein Freund neben mir auf dem Dielenstaub – ich spüre Bewunderung.

„Okay, guck, das hier ist die Grafikkarte. Die muss hier irgendwo eine Schraube haben… Mann, ist das staubig da drinne.“ Ich wische mit dem Staubtuch auf den Pantinen rum.
„Mach mal nicht!“, sagt der Freund und wahrscheinlich hat er recht.

Aber wo ist die blöde Schraube. Der Democomputer, den wir in der Schule aufgemacht hatten sah ganz anders aus. Dort war die Schraube voll offensichtlich. Aber hier…
Schnell verliere ich Lust und Interesse.

„Okay, geht wohl nicht.“ Ich rüttel noch ein bisschen an der Karte rum. Die bewegt sich nicht.
„Lass mal die Stecker wieder ranmachen.“ Gesagt – getan. Alle Kabel wieder dran. Anknopf drücken – und – nichts! Kein Lämpchen leuchtet und kein Geräusch kommt. Scheiße! Jetzt geht gar nichts mehr. In dem Moment klingelt das Telefon. Frau Dienstag. Wir quatschen und ich vergesse den Computer. Der Freund geht einkaufen.

Nach einer Stunde Analyse des Tages und Unmengen schlauer Ratschlägen, die wir uns gegenseitig geben, lege ich auf und gehe in mein Zimmer. Mist, der Computer. Der steht jetzt nackt neben meinem Schreibtisch. Nackt und kaputt. Ich habe nicht mal mehr Lust, den wieder zu zu schrauben. Das soll der Freund nachher machen. Der kann das besser. Und was soll ich jetzt machen? Wenn jetzt gar nichts mehr geht, dann nützt es ja auch nichts, eine neue Grafikkarte zu kaufen. Vielleicht schmeiße ich den einfach weg und kaufe mir gleich einen MAC. Wahrscheinlich bin ich doch nicht so ein Naturtalent, wie ich vorhin noch dachte. Schade. Wirklich.

Interesse zeigt sich irgendwie anders

Bedingungsloses Grundeinkommen… hahaha, was habe ich mir denn dabei gedacht, denke ich, als ich heute die Schüler einmarschieren sehe. Mehr Bocklosigkeit kann mal kaum demonstrieren. Sie setzen sich hin wo sie wollen und da wo sie dann sitzen, sieht es nach Unruhe aus. Ich hatte mir vorgenommen einen Sitzplan zu mache, dann wurde ich allerdings mit dem Vorziehen der Stunde, in meine Freistunde hinein, überrascht. Also immer noch kein neuer Sitzplan. Und dass sie nur quatschen und Blödsinn machen, wenn man ihnen freie Platzwahl anbietet, das habe ich jetzt schon zwei Stunden miterleben dürfen.

Didaktisch minderbemittelt, beginne ich die Stunde mit einer Wiederholung der letzten Stunde.
„Also, Steuern. Ich hatte euch am Ende der letzten Stunde aufschreiben lassen, was Steuern sind.“ Einige Schüler gucken mich an, als könnten sie sich an gaaar nichts, nicht mal an mich erinnern. Da ich mich nicht lange an diesem Punkt aufhalten möchte, frage ich nun:“Wer kann denn jetzt mal erklären, was Steuern sind?“ Oszan gibt eine super Definition ab. Hannah sitzt direkt vor meiner Nase und zeichnet Herzen auf ein leicht zerknittertes Karopapier. Hinter ihr sitzen Eva, Hülia und Zehra, die sich eine Bürste hin und herreichen und sich gegenseitig in den langen Haaren rumfummeln. Ein grauenhaftes Bild gibt diese Klasse ab.
„“Sehr gut, Oszan, hast du super erklärt.“
„Hannah, kannst du das noch mal wiederholen?“
„Häh? Was?“
„Was Steuern sind.“
„Äh, keine Ahnung.“
„Oszan hat es gerade erklärt.“
„Hab ich nicht zugehört.“
„Hannah, dann höre bitte jetzt zu! Raifat, kannst du das noch mal erklären?“
Raifat erklärt, Hannah tut so, als hätte sie zugehört. Langes hin und her – am Ende weiß sie was Steuern sind. Wir sprechen über die verschiedenen Steuern. Dann will ich sie aufschreiben lassen, was ein Mensch mit 25 Jahren, der nicht mehr zu Hause wohnt im Monat braucht.
„Das hatten wir schon in Arbeitslehre!“ schreien mir ein paar Schüler aus verschiedenen Ecken entgegen.
„Na, ist doch super, dann wird das bei euch ja besonders schnell gehen.“ Geht es aber nicht. Ich schleiche durch die Klasse und gucke, was die Schüler aufschreiben.
Miete, Essen, Beruf, Familie, Freunde…
„Haallo, hört mal alle her, ihr sollt aufschreiben, was Geld kostet.“
Hülia guckt mich zickig an: „Na, is doch!“
„Hülia, du hast hier Freunde und Liebe geschrieben, wie viel kosten die denn?“
„Ach sooo!“ sie nimmt ihren Tintenkiller und bearbeitet ihr Geschreibsel.
Es wird immer später. Ich gebe die Arbeit als Hausaufgabe auf. Ich bin gespannt, was dabei raus kommt. Wahrscheinlich nicht viel. Die sind irgendwie doch noch zu klein dafür. Ich will da das bedingungslose Grundeinkommen auch nicht dran verschwenden. Vielleicht mache ich nächste Stunde doch das mit dem heimlichen Rigo-Kauf. Mals sehen.

Irgendwann haben sie alle Heimweh

So, jetzt noch die letzte Stunde, dann Pause und dann Elternabend – what a day… Ich komme die Treppe hoch und was sehe ich da? Zwischen den ganzen Achtklässlern steht Emre. Rapper-Emre, kaum größer, als die auf Englisch wartenden Schüler. Er steht da und telefoniert. Grinst mich an, macht aber keine Anstalten, sein Gespräch zu unterbrechen. Ich schließe meinen Raum auf und die Massen fließen rein. Emre schreitet gemächlich hinter ihnen her. Er beachtet die Schüler gar nicht. Er bewegt sich immer noch so cool und langsam, wie damals, als er in meiner Klasse war. Er telefoniert und guckt sich ganz genau im Raum um. Die Achtklässler starren ihn an. Dann verabschiedet er sich von seinem Telefonpartner, kommt zu mir, begrüßt mich und setzt sich zu mir. Ich frage kurz, wie es ihm geht. Er hat mittlerweile den erweiterten Hauptschulabschluss geschafft, ist aber gerade von der Schule, auf der er den MSA machen wollte abgegangen und wartet jetzt auf einen anderen Schulplatz.

„Und was machst du jetzt den ganzen Tag?“
„Erstmal ausschlafen, dann frühstücken, dann Scrubs gucken, dann rausgehen.“
Ich denke an des bedingungslose Grundeinkommen. Plötzlich bemerke ich die achte Klasse, die uns regungslos beobachtet.
„Emre, willst du dich mal vorstellen?“
Er steht auf, sagt wer er ist, dass ich die beste Lehrerin sei und erzählt kurz, was er nach der Schule gemacht hat. Die Schüler fragen, wie alt er ist und erinnern sich an ihn, weil er ja letztes Jahr in der Schule aufgetreten ist. Sie wollen, dass er rappt. Er guckt mich fragend an. Ich wollte einen Vokabeltest schreiben lassen, aber warum soll er nicht rappen.
„Aber Emre, jugendfreie Texte, okay?“
Er grinst und denkt nach: „Also ohne Ausdrücke…“
Halil springt auf. Halil ist so süß und so klein, dass du ihn eigentlich den ganzen Tag knuddeln willst. Er sieht aus wie erste Klasse. Jetzt reißt er die Arme hoch und ruft: „FRAU FREITAG, WIR SIND NICHT MEHR GRUNDSCHULE. BITTE LASSEN SIE MIT AUSDRÜCKE!“
„Jaaa, bitte mit Ausdrücke!“
Plötzlich schreien sie alle: „Frau Freitag – Frau Freitag – Frau Freitag.“ Damit die Leute draußen nicht denken, ich bin dabei aufs Pult zu steigen und zu strippen, sage ich schnell: „Okay, whatever.“

Emre grinst, sucht seine Beats im Handy und legt los. Ein Liebeslied. Total Ausdrücke-frei. Die Schüler hören genau zu. Sie beobachten jede seiner Bewegungen. Emre hat an seiner Performance gearbeitet. Seine Gestik und Mimik sitzen. Nach dem Song gibt es tosenden Beifall, eine Zugabe und viele Fragen. Emre antwortet und fragt mich dann ob er die Geschichte von seinen gebrochenen Beinen erzählen soll. Ich nicke, denn die hat eine schöne Moral: Verlasse in der Mittagspause nicht das Schulgelände. Vor allem nicht über den Zaun.

„Hannah meldet sich: „Hast du geweint?“
„Ich hab geweint, als sie meine Lieblingshose im Krankenhaus aufgeschnitten haben.“
„Was war das für eine Hose?“, fragt Halil interessiert. Emre kann sich nicht erinnern. Dann ist es Zeit für den Vokabeltest.
„Emre, willst du mitschreiben?“
„Äh, Englisch, naja, da müßte ich mir erstmal die Vokabeln angucken. Ich zeige sie ihm.
„Oh, lieber nicht, ich sehe schon, dass ich davon viele nicht kenne.“
„Na, ist ja auch schon lange her.“
Wir verabschieden uns mit Küssen auf die Wange und er verspricht bald mal wiederzukommen. Dann geht er raus in sein Leben und wir widmen uns dem Vokabeltest.

Was soll Rigo sein?

Bedingungsloses Grundeinkommen. Stelle ich mal so in den Raum. Interessiert mich gerade. Interessiert mich leider noch nicht so doll, dass ich mich darüber im Internet schlau machen möchte. „The L word“ vierte Staffel fesselt mein Interesse leider z.Z. etwas mehr. Allerdings möchte ich gerne in der nächsten Philosophie Stunde – die ich jetzt immer halten darf, weil ich so eine tolle Lehrerin bin, der man jeden Scheiß in den Stundenplan drücken kann – also ich will das unterrichten. Studiert habe ich das ja nicht. Habe ich überhaupt studiert? Kann mich an nichts erinnern. Ronni zweifelte ja mal an, dass ich überhaupt ein Hochschulstudium habe. Egal.

Jedenfalls habe ich nicht das bedingungslose Grundeinkommen studiert, möchte das aber mit den Schülern besprechen. Ich würde gerne wissen, was sie dazu zu sagen haben. Wir behandeln ja gerade Gerechtigkeit und irgendwie kommen ihre Beispiele immer wieder auf Hartz4 und Schwarzarbeit. Die Texte in den Schulbüchern sind leider sehr langweilig. Da habe nicht mal ich Lust, die zu lesen. Und das sollte ich vielleicht doch, bevor wir die durchnehmen.

Da ist z.B. dieser Text wo der Sohn eine Party machen will und Geld bekommt, damit er Getränke kauft. Die Mutter sagt, dass er aber keinen Alkohol trinken soll. Er weiß aber, dass seine Freunde gerne Rigo trinken (Ich weiss nicht was das ist – wahrscheinlich Alkohol), er geht also einkaufen und kauft für jeden eine Flasche Rigo und dann kommt die Mutter und sieht das am nächsten Morgen – wahrscheinlich an den Flaschen und sagt: „Blah,blah, blah und du solltest doch nicht und überhaupt.“ Der Herr Sohn sagt, dass ER ja auch keinen Alkohol getrunken hätte, sondern seine Freunde. Voll Clinton: Ich hab ja nicht inhaliert…
Und über so einen Schwachsinn soll ich jetzt mit meinen Schülern diskutieren? Erstens dürfen die zu Hause gar keine Parties machen und dann weigere ich mich über diesen Schlauberger Jungen auch nur einen Gedanken zu verlieren, diese Wortklauberei – nicht zum aushalten…. nö.

Dann doch lieber das bedingungslose Grundeinkommen. Um dort hinzukommen habe ich die Schüler erstmal aufschreiben lassen, ob sie wissen, was Steuern sind und wer die Schulen bezahlt und wo das Geld für Hartz4 herkommt. Ich hoffe nicht alle Schüler denken, dass Frau Merkel das persönlich bezahlt.
Direkt vor meiner Nase sitzt Madlen, schreibt die Fragen, die ich diktiert habe auf und starrt dann in die Luft.
„Madlen, was meinst du denn, wo das Geld herkommt?“
„Keine Ahnung!“
„Wie, keine Ahnung? Denkst du, kurz vor Weihnachten regnet es 100 Euro Scheine vom Himmel, oder was?“ Sie zuckt mit den Schultern. Ihr Blatt bleibt leer (bis auf die Fragen und ihren Namen).

Madlen wird mir am Ende der nächsten Stunde genau sagen können, wofür wir alles Steuern zahlen müssen. Soviel steht schon mal fest. Dann will ich mit den Schülern mal wieder errechnen, wie viel Geld man zum Leben braucht und dann irgendwie abbiegen Richtung „Bedingungsloses Grundeinkommen.“ Falls jemand von euch Lehrer-Lesern sowas schon mal gemacht hat – für Anregungen wäre ich sehr dankbar. Und an alle: Wer mir die ganze Sache mal auf simpelste Art und Weise erklären kann oder Internet-Filmchen kennt… immer her damit – meine Lernbereitschaft und Aufnahmefähigkeit übersteigt die meiner Schüler nur äußerst minimal. Im Gegenzug berichte ich von den Stunden. Deal?

Ich bin ja wohl die Schärfste!

„Sag‘ mal, was ist denn mit deinem Telefon? ich höre mich immer mit einem Echo?“ fragt der Deutschlehrer. Und überhaupt jammert jeder Anrufe, der mit mir spricht immer wieder darüber, dass er oder sie sich mit nervendem Hall verzögert selbst hören. Und ich frage mich auch: Was ist eigentlich mit meinem Telefon los? Wo sind die schönen Zeiten des analogen Telefonierens?
Heute sitze ich in der Küche. Der Freund hat Besuch und ich versuche gerade mit dem Bericht eines heute erlebten Erlebnisses das Gespräch zu dominieren, als plötzlich das Telefon klingelt.
„Frau Freitag, hier ist 1&1….“ normalerweise sage ich gleich: „Nein danke!“ und lege wieder auf, weil mich diese Drückermethoden am Telefon echt nerven. Diesmal bleibe ich dran. Die freundliche Frau spricht weiter: „Frau Freitag, sind Sie mit dem Service von 1&1 zufrieden?“
„Sind Sie zufrieden?“, frage ich zurück. Kurze Stille.
„Sie hören doch ein Echo von sich, wenn Sie sprechen, oder?“
„Äh…ja…äh.“ sie stottert rum. Wahrscheinlich verlaufen diese Gespräche sonst anders.
Ich lege gleich nach: „Hören Sie, ich muss Ihnen jetzt mal sagen, dass ich mit 1&1 überhaupt nicht zufrienden bin. Früher hatte man vielleicht mal ein Radio oder ein anderes Gespräch in der Leitung, aber seit ich bei Ihrer Firma bin habe ich manchmal gar kein Telefon, oder die Leute fliegen einfach aus der Leitung und jetzt dieses Echo? Nee, zufrieden ist echt anders.“
Sie gibt mir die Nummer der kostenlosen Servicehotline. Vorher unterbreitet sie mir „das super-duper Angebot, das ich nicht ablehnen kann.“ Ich sage ihr, dass man mir irgendeinen Zusatzscheiß bei Vertragsabschluss aufgequatscht hat, den ich jetzt sofort kündigen möchte.
„Frau Freitag, leider kann ich das jetzt nicht von hier aus…“
„Aha, verstehe, Sie wollen mir jetzt sagen, dass Sie mir hier übers Telefon was verkaufen können, aber nichts zurücknehmen. Tja, leider verstehe ich das nicht.“ Wir diskutieren eine Weile rum und verabschieden uns dann. Ich will lieber mit der Servicehotlein sprechen.
„Drücken Sie die 1 für…, die 2 für…, dudel, dudel, dudel…, wenn das Gespräch aufgezeichnet werden soll, sagen Sie bitte ja, wenn… blah blah blah, dann dudel, dudel, dudel…“ Ich bleib dran. Wäre doch gelacht. Und irgendwann kommt eine Frau und spricht mit mir. Wir gehen gemeinsam an die Fritzbox im Computer und ändern einige Einstellungen. Plötzlich klick und sie ist weg. Ich: grrrrrr. Also noch mal: „Drücken Sie die 1 für…, drücken Sie die 2 für…., usw.“ Dann eine Männerstimme: „Servicehotline 1&1.“
„Hallo, ich habe gerade mit einer Kollegin von Ihnen gesprochen und mit der würde ich gerne wieder sprechen, jetzt weiss ich aber nicht, ob Sie im gleichen Raum sitzen, oder sind Sie überhaupt im gleichen Land, oder ist das ein Callcenter?“ Es stellt sich raus, dass die Frau nicht mehr auffindbar ist.
„Okay, dann gehe ich mit Ihnen eben noch einmal durch die Fritzbox-Einstellungen.“
Am Ende bin ich schlauer – die Frau hatte mir eigentlich nur nicht gesagt, dass ich die Box vom Strom nehmen soll. Für drei Minuten. Das mache ich. Und siehe da: REPARIERT! Ihr könnt wieder echofrei anrufen! Ich bin sooo stolz auf mich!

WAM, SPAM – THANK YOU MAM

Liebe Leser, jetzt mal was in eigener Sache. Momentan komme ich einfach nicht dazu, eure Kommentare zu lesen und dann freizuschalten. Ich will die ja immer vorher checken, ob sich da nicht wieder irgendein Nazi verirrt hat, der sich hier auf meinem Blog breit machen will. Gibt ja die verrücktesten Sachen.
Was ihr ja vielleicht nicht wisst ist, dass ich auch täglich jede Menge Spam-Kommentare bekomme. Die landen immer gleich im Spam Ordner, danke WordPress. Aber die muss man auch lesen, denn manchmal versteckt sich da ein netter Kommentar von einem ganz normalen Leser, der nur fälschlich falsch sortiert wurde.
Diese Spam-Kommentare sind immer sehr lustig und meistens auch sehr offensichtlich – denn wer auf einen deutschen Eintrag in englisch kommentiert, der will doch den Lesern nur wieder irgendeinen Müll andrehen.

Heute will ich die Spam-Kommentare mal mit euch teilen. Hier mal eine kleine Kostprobe:

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In der Schule verstehe ich mich schon mit einigen Leuten gut. Da gibt es die Keyleigh (Keine Ahnung, wie man das schreibt!). Sie ist mit mir in Yearbook und Fotografie. Dann noch ein paar Meedls, die bei mir im Bus sind und bei Lunch. Bryant. Devon und seine Schwester Stephany, mit denen ich beim Go-Kart fahren war. Und zu guter letzt verstehe ich mich tota lgut mit Julia, der Austauschschülerin aus der ukraine, die in der ertsen Woche bei uns war und jetzt auch auf die Tri-Point geht. – Was das hier soll verstehe ich nicht.

congratulations, you have very good writing skills, appreciated your work. – herrlich, immer wieder so gelobt zu werden.

thanks for giving in the reviews. – ???? Den Reviews nachgeben?

Es sind vor allem Touristen, aus Spanien, England oder Japan, die zu dieser Mittagsstunde durch die Innenstadt bummeln und sich mit einer Gabe für das essbare Gastgeschenk revanchieren. Inge und Eberhard Zodel dagegen wohnen in Sindlingen und verbringen den Tag mit alten Klassenkameraden erst auf dem Markt und dann in einer Weinstube. Eigentlich gelüstet es das Rentnerehepaar nach Wurst, doch dem grinsenden Nikolaus können sie an dessen Ehrentag nicht widerstehen. „Da machen Sie nichts falsch“, bestätigt Frank. Zumal er dem ursprünglich 1,30 Meter großen Lebkuchenmann mittlerweile tief ins eigene Fleisch geschnitten hat. „Das beste Stück kommt aus dem Bauch“, sagt der Wirtschafts- und Sportdezernent.– auch schön

the language you use in your posts are not so popular nor too difficult– The language are vor allem Deutsch und das scheint der Kommentator nicht zu verstehen…

i was exactly talking about this with a friend yesterday, and now i found about it in your blog. this is awesome. – gibt’s ja gar nicht!

Fantastic! Nizza Post, sind Blog meine No.1!– Nizza??? der Kommentator verkauft übrigens Brautkleider.

i couldn’t agree with you more.
Das hört ja wohl jeder gerne.

So ihr Lieben, das war’s für heute. Ist auch echt zu heiß für weitere literarische Ergüsse. Ich hätte ja auch Hitzefrei machen können…

Handywecker die nicht wecken…

So, damit mein Leben nicht völlig langweilig wird, habe ich mir heute morgen ein wenig Action geschaffen. Wer’s braucht – das geht so:

Man stelle den Handywecker für den nächsten Morgen auf Wecken für die erste Stunde ein und läßt ihn dann aber neben der Couch liegen. Dann morgens um sieben Uhr aufwachen. Viel zu spät! Also einen Senkrechtstart hinlegen: unter Flüchen ins Badezimmer – duschen, mit Haarwaschen und föhnen. Kaffee machen – obwohl eigentlich schon klar ist, dass ich den gar nicht mehr trinken kann. Der Freund wacht auf, weil ich laut durch die Wohnung schreie: „SCHEISSE, SCHEISSE!!!! ICH KOMME ZU SPÄT! ICH KANN NICHT MEHR FRÜHSTÜCKEN! ICH HABE TOTAL LANGE SCHULE HEUTE, DAS HALTE ICH NICHT DURCH!!! MIST!!! VERDAMMTE KACKE!!!usw.“ Der arme Freund weiß gar nicht wie ihm geschieht. Ich brauche einen Schuldigen, also ist er schuld, dass ich mein Handy nicht mit ins Schafzimmer genommen habe. Er schleicht beruhigend um mich herum – nützt aber auch nichts.“ Ohne Frühstück, ohne Kaffee, ohne die erste Zigarette, stürze ich mich nach draußen in den Tag. Scheißendreck. Aber ich komme pünktlich. Immerhin. Etwas verquollen, aber on time.

Dann hatte ich eine entspannte Stunde mit Teilen meiner Klasse, die anderen waren in anderem Unterricht oder noch im Bett. Für manche hat das neue Schuljahr irgendwie noch nicht richtig begonnen.
Jedenfalls ist es ganz gemütlich und Hamid sitzt vor meiner Nase, versucht Vokabeln zu lernen, will aber eigentlich nur quatschen. Plötzlich stehen zwei Mädchen in der Tür: „Frau Freitag, können wir den Schlüssel zum Klo haben?“
Ich nicke und halte ihnen den Schlüssel hin.
Hamid darauf: „Geben Sie nicht. Das sind Polen, die klauen immer.“
Ich pädagogisch wertvoll: „Hamid, sowas sagt man nicht, das ist doch ein ganz dummes Vorurteil.“ und dann noch – etwas weniger wertvoll: „Ich sage ja auch nicht, dass alle Türken nach Knoblauch stinken. Oder willst du das?“
Er dann: „Dann sage ich, dass alle Deutschen Kartoffeln sind.“
Ich halte ihm meinen Arm hin: „Ach, ich bin eine Kartoffel? Hier, dann beiß rein!“Hamid guckt auf meinen Arm, zögert aber.
„Hamid, was bin ich denn für eine Kartoffel? Pommes oder Kartoffelpüree?“
Jetzt grinst er und sagt: „Süßkartoffel.“

Und spätestens da war meine schlechte Laune vom zu späten Aufstehen verflogen. Mit einem Dauergrinsen setzte ich den Tag fort und alles lief super. Süßkartoffel, hihihihi.