Schlimmer geht immer

Ferienhalbzeit. Ich bin nicht überzeugt davon, dass ich mich angemessen erhole. Und heute Nacht auch noch eine Stunde mehr. Was soll ich damit? Wache ich nicht um vier auf, sondern um drei. Ich wache immer auf, weil ich trinken muss. Dann schlafe ich wieder ein und dann muss ich aufs Klo.

Warum musst du trinken? fragt Frau Dienstag.

– Weil meine Kehle so ausgetrocknet ist.
– Voll blöd, sagt Frau Dienstag.

Kurz fühle ich mich gut. Mitleid tut gut. Aber dann sagt sie, es käme vom Schnarchen und man könne lernen nicht zu schnarchen.

– Du musst Bier trinken! Schlägt sie dann vor.
– Nachts?
– Ja.

Ich kann doch nicht nachts Bier trinken. Wird man dann nicht im Schlaf besoffen? Ich kann auch nicht zum Arzt gehen. Aus diversen Gründen:

1. Ich glaube man braucht einen Hausarzt – hab ich nicht
2. Muss der Hausarzt einen nicht an einen HNO Arzt überweisen?
3. Die trockene Kehle könnte auch was mit dem Rauchen zu tun haben.
4. Für so einen Arzt ist es ja leicht zu sagen: Rauchen aufhören!
5. Was ist, wenn er was Schlimmes feststellt. Darauf habe ich keinen Bock, denn
6. Reicht mir, dass ich noch die Steuer machen soll

– Du brauchst einen Hund, sagt Frau Dienstag.

Einen Pudel bräuchte ich, mit dem könnte ich dann morgens rausgehen und draußen rauchen. Ich kann doch aber auch drinnen rauchen und ich will gar nicht morgens rausgehen, wenn ich nicht zur Schule muss. Angeblich hätten voll viele Frauen jetzt einen Hund. Schöne Hunde hätten die. Hund statt Kind, denke ich. Deshalb also den Pudel. Da wo ich wohne, sehe ich die Frauen mit den Hunden aber gar nicht. Sie sieht sie. Statussymbol, sagt sie. Brauch ich nicht, denke und sage ich. Sie sagt: Ich rede nicht mehr schlecht über Frauen mit Hunden, wenn du einen hast. Versprochen. Ich bin noch nicht überzeugt.

Ich habe Fruchtfliegen. Viele und überall. Sie fliegen mir in die Nase, wenn ich auf der Couch liege. Wir haben kein Obst. Ich frage mich was sie bei uns wollen und wo sie herkommen. Sie fliegen auf den Bildschirm und ich zerquetsche sie mit dem Finger. Es werden trotzdem nicht weniger. Ich kann sie auch an der Fensterscheibe mit den Füßen zerquetschen. Klappt nicht immer. Sie krabbeln die Fenster hoch und runter.

Hätte ich Alltag und Schule, dann hätte ich keine Zeit, mir über die Fruchtfliegen Gedanken zu machen. Oder über diesen trockenen Fleck in meinem Hals oder über Hunde. Dann wäre: Englischarbeit und Simple Past und Betriebspraktikumsplatz und unfertige Lebensläufe und Schulversäumnisanzeigen und sowas. Wichtiges halt.

Frau Dienstag schickt mir Fotos von gestreiften Keksen, die sie gebacken hat. Das macht sie immer. Backen, dann Fotos schicken. Ich sage: War klar gewesen, dass jetzt wieder Kekse kommen. Sobald es draußen kalt wird, rennt sie auf Weihnachten zu. Ich sage: Will ich nichts von wissen, wenn ich keine kriege.
Aber dann offenbart sie ihr wahres Problem. Sie weiß nicht, ob sie sich eine Küchenmaschine kaufen soll. Weil eigentlich macht sie den Teig so gerne mit der Hand, aber die Küchenmaschine sei gerade im Angebot und das nur für eine Woche. Sie hätte jetzt schon Verlustängste, den Teig nicht mehr selbst zu kneten.

Ich sage: Kauf sie nicht.

Sie sagt, dass man während die Maschine knetet schon das Backblech einfetten kann.

Ich sage: Kauf sie!

Sie sagt: menno ich weiß nicht, was ich machen soll.

Ich sterbe an Kehlkopfkrebs und soll mir einen Hund anschaffen aber ihre Probleme sind dann doch schwerwiegender. Vielleicht soll ich ihr doch von den Fruchtfliegen erzählen. Das würde sie schocken. Fruchtfliegen Ende Oktober. Gerade habe ich eine auf meiner To-Do-Liste zerquetscht. Genau zwischen: Steuer 2016 und Klassenfahrtsabrechnung.

Eins ist mal klar: Für mich hat man die Ferien nicht erfunden.

Allgemein

23 Gedanken zu “Schlimmer geht immer

  1. Guck mal, Frau Freitag.
    Vielleicht wäre dies hier eine Anregung für den Umgang mit den Fruchtfliegen?

    Langeweile im Büro – Fliegen bei Google Bildersuche eingeben
    Link kann ich nicht 😊

    • Frau Dienstag, das tröstet mich aber, dass Sie als Berufsgenossin den Text nicht richtig gelesen haben! Das steht doch drin, dass die Frau Freitag kein Obst zu Hause hat.

      • Frau Dienstag, das tröstet mich aber, dass Sie als Berufsgenossin den Text nicht richtig gelesen haben! Das steht doch drin, dass die Frau Freitag kein Obst zu Hause hat. Anmerkung an die Redaktion: He, gebt mir ein anderes Bild als Regi, das gefällt mir gar nicht! Ohne Hörnchen und so, bitte!!

      • Ansonsten habe ich mich herrlich amüsiert beim Lesen der Bücher „Chill mal, Frau Freitag!“, „Der Altmann ist tot“ und „Echt easy, Frau Freitag!“. Bin gespannt auf neue Bücher!

  2. praktischer als ein Pudel wäre wohl eher eine Spinne. Die könnte sich gleich mal um das Fruchtfliegenproblem kümmern und muss nicht nach draußen geführt werden fürs Gassi.

  3. KitchenAid! Ich habe seit 3 Jahren eine und finde sie toll. Großer Vorteil: Sie sieht so toll aus, dass sie einen festen Platz in der Küche bekommen hat und nicht immer herausgekramt werden muss. Das macht man nämlich erfahrungsgemäß nicht. Die K.A. kann aber noch viel mehr, Gemüse hobeln, Fleisch wolfen, Nudeln, etc. Ob sich bei mir der hohe Anschaffungspreis gelohnt hat, weiß ich nicht, aber ich habe es keine Minute bereut.

  4. Da gibt’s die kreative Lösung für Fliegen:

    Die terminatorische geht so: Schüsselchen mit Apfelessig und einem Tropfen Spüli füllen, in der Nähe von Obst / Blumentöpfen / dem aus Faulheit nicht susgeleerten Biomüllbehälter / … aufstellen und abwarten. Dauert nicht lange und die Plage ist vorüber.

      • Warum nur überrascht mich das jetzt nicht 😀 Es wirkt aber unabhängig von der Herkunft der Fruchtfliegen, du musst dafür jetzt nicht extra mit der Mülltrennung beginnen.

  5. Fruchtfliegen, Frau Freitag, tummeln sich auch bevorzugt in Bier- und Weinflschen, die sich in manchen Ecken sammeln könnten… vielleicht eine Anregung?

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