Der Gegenwert einer Bahnfahrt

Hallihallo, hier bin ich wieder. Eigentlich bräuchte ich gar nicht mehr wiederzukommen, bei diesen unterhaltsamen Vertretungslehrern. Meine Reise war weniger aufregend, als die von racoon2. Keine Aschewolke, nur Regen, Regen, Regen, Winterjacke und wieder Regen. Aber wir haben es uns sehr gemütlich gemacht. Strümpfestricken und Gone with the Wind gucken. Und ich habe mal wieder alle Teile vom Godfather gesehen. Ach, ich liebe Mafiafilme. Wäre es nicht so gefährlich, dann wäre ich auch gerne ein Mafiaboss. Naja, man kann nicht alles haben und Lehrerin ist ja irgendwie ähnlich: „Franky….we got to talk.“ wie oft sage ich das am Ende einer Unterrichtsstunde. Leider folgt dann kein Betongießen an den Füßen, nur ähnlich runterziehendes pädagogisches Gewäsch. Egal, jetzt mal nicht von der Schule quatschen… es sind ja noch Ferien.

Wir sind seit langem mal wieder mit der Bahn gefahren und ich sage euch… da kann man ja was erleben. Ich hatte mich supergut auf die Rückreise vorbereitet. Zwei Spielfilme mit Überlänge, Kaffee und Brötchen sollten mir die Reise versüßen. Ich gucke also ganz gebannt Die Jury, frage mich immer wieder, ob ich den Film nicht schon kenne und verharre in einer Art Ebrionalstellung. Die Sitze sind echt klein in der Bahn. Neuerdings haben die so rutschiges Lederimitat – gefällt mir gar nicht. Jedenfalls schmerzt mein Rücken enorm, als mir der Abspann über den Laptop flimmert. Ich muss aufstehen!

„Ich latsche mal durch den Zug.“ informiere ich den Freund. „Hmmm, mach‘ mal.“

Es ruckelt und schuckelt und ich habe das Gefühl, auf hoher See spazieren zu gehen. Ich gucke mir die Leute an, gucke, was sie lesen. Keiner liest mein Buch. Komisch. Wo sind die alle, die mein Buch gekauft haben? Viele gucken Filme auf Laptops. Vielleicht könnte man sich austauschen. Harry Potter, irgendeine Romantic Comedy, Fantasyquatsch… nichts dabei, was mich interessieren würde. Also weiterlaufen. Vielleicht kaufe ich im Bordbistro irgendwelche Süßigkeiten. Die preisen das nun schon seit Stunden an. Langsam fängt diese Eigenwerbung an zu wirken. „Besuchen Sie unser Bordbistro…unsere Mitarbeiter freuen sich auf Sie in unserem Bistro…blah blah blah.“ Na mal sehen, ob die sich wirklich auf mich freuen.

Ah, da kommt das Bistro. Was steht denn da? In einer Ecke steht ein Karton. Mit Chipstüten. Völlig unbeaufsichtigt!!! Oh, da juckt es mir in den Fingern. Nein Frau Freitag, keine Chipstüten stehlen!!! Denk an die Kalorien und die Peinlickeiten, wenn du erwischt werden würdest. Also laufe ich weiter. Das Bistroangebot werde ich auf dem Rückweg auschecken.

Plötzlich stehe ich in einem Wagon, mit größeren Sitzen und einem Regal mit Zeitungen. Mal sehen, was es gibt… Süddeutsche, FAZ und ahhh Bild. Ich greife mir eine Zeitung und will gerade wieder gehen, da spüre ich vorwurfsvolle Blicke einer Bahnbeamtin, die auf einem der großen Sessel sitzt und auch die Bildzeitung liest.

„Kann ich die mitnehmen?“ frage ich sie scheinheilig. „Nein. Die sind für die erste Klasse.“
„Ach so.“ Ich lege die blöde Bildzeitung wieder zurück und drehe mich um. Kaufe ich mir eben Süßigkeiten. Steht sowieso nur Murx drin in diesen Boulevardblättern.

Auf dem Weg zum Bistro sehe ich plötzlich zwischen den Wagons wieder Zeitungen. Die gleichen wie in der ersten Klasse. Ich gucke mich um. Die Luft ist rein. Schnell greife ich eine Bild und gehe weiter zum Bordbistro.

„Ein Twix bitte.“ Der Bistrobeamte geht nach hinten und holt mir mein Twix. Ich warte. Plötzlich hinter mir: „Und die Bildzeitung!“ Ich drehe mich um und da steht diese Zugmietze von gerade eben und guckt mich vorwurfsvoll an.

„Die Zeitung habe ich aber nicht aus der ersten Klasse, die war zwischen den Wagons,“ versuche ich mich zu verteidigen. Ich fühle mich extrem sicher. „Die gehört aber auch zur ersten Klasse.“ bekomme ich sofort entgegengeschleudert.
Der gelangweilte Bistromann unterbricht uns: „Das Twix macht einsfünfzig.“
„Und die Bild! Hast du die Bild?“ fragt die Tussi, die sich mir mittlerweile in den Weg gestellt hat, als würde ich mit der Bildzeitung in den nächsten Wagen türmen.

„Die nehme ich nicht. Die Bild! Ich nehme nur das Twix.“ sage ich bestimmt und lasse die Zeitung auf dem Tresen liegen. Ich bin total sauer. Drehe mich um, fixiere die Bahnbeamtin und zische betont leise: „Könnten SIE bitte was gehen das zu heiße Klima im letzten Wagon unternehmen?“ Die soll mal wieder klarkommen und wissen, was hier ihre Aufgabe ist.

„Selbstverständlich kann ich das.“ sagt sie pikiert.
„Dann tun Sie das bitte!“

Empört stapfe ich zurück zu meinem Sitz und berichte meinem Freund von diesem Vorfall. Mittlerweile rennen zwei häßliche Kleinkinder non-stop durch den Gang des Abteils. Hebt auch nicht gerade meine Laune. Ich möchte meckern. Mein Freund beruhigt mich und ich gucke noch einen Film.

Nach 100 Minuten schmerzt der Rücken wieder und ich begebe mich erneut auf Wanderschaft. In einem Abteil der zweiten Klasse (auf einem leeren Sitz) finde ich eine Zeitung. Ich nehme
sie mit. Auf dem Rückweg kommt mir meine Bahnfreundin entgegen. Kurz habe ich den Impuls die Zeitung zu verstecken, entscheide mich aber schnell dafür sie demonstrativ vor mir herzutragen. Ohne sie anzusehen kreuzen sich unsere Wege.

Ha, blöde Kuh, jetzt habe ich doch eine Zeitung und es ist noch nicht mal die Bild.
Ich sitze und lese. Die Zeitung ist schlecht. Plötzlich steht die Bahnbraut neben mir und fragt:

„Haben Sie die Zeitung jetzt bezahlt???“

Das ist ja wohl die Höhe. Da ist sie mir extra durch den ganzen ICE hinterhergekommen, um mich das zu fragen. Unverschämtheit!!! Ich gucke sie an. Warte. „Nein. Habe ich nicht. Die habe ich von einem leeren Sitz und diese Zeitung gibt es hier im Zug gar nicht zu kaufen und auch nicht in der ersten Klasse und tun SIE jetzt bitte was gegen dieses Klima!!!“

Den Rest der Rückfahrt schreibe ich in Gedanken Beschwerdebriefe an die Deutsche Bahn. Als Mafiaboss hätte ich die Dame einfach an der Schulter gepackt, sie zur Türe geschoben und ihr dabei zugeflüstert: „Baby, I think we got to talk!“

Und noch was in eigener Sache: Ich möchte mich bei allen Lesern bedanken, die mein Buch gekauft haben!!! Habt ihr super gemacht, denn diese Woche bin ich auf PLATZ EINS der Spiegel Bestsellerliste!!!!! Vielen Dank!!!

Kurzurlaub 4 (letzter Teil)

Da die – sehr netten—Busfahrer die Strecke noch nie gefahren waren, verfuhren wir uns mehrmals. Auf jeden Fall vermuteten wir dies, denn sie sprachen weder Deutsch noch Englisch. Die ganze verregnete Rückfahrt bestand neben den diversen Passkontrollen aus fahren, warten, rauchen, Kaffee trinken und dem Verzehr diverser Sandwiches. So richtig was zu Essen gab es irgendwie nicht. Natürlich konnte man sich auch mit den anderen Fahrgästen über ihre Reiserouten und anderes unterhalten.

Ich saß ganz gut. Mit meinem Nachbar Ali, der gerade mit dem Bus von einer Beerdigung an der georgischen Grenze kam, unterhielt ich mich über Islamismus, mit dem irischen Pärchen vor mir über Istanbul und mit den beiden Ingenieuren stritt ich mich über das für und wider von Hartz 4. Mit dem Backautomatenvertreter vorne links gab es nicht so viel zu besprechen. Einzig allein hinter mir saß eine arrogante Nervensäge, die glaubte alles besser zu wissen und meinte anderen Anweisungen geben zu können. Benedikt war ein Yuppiestudent aus München mit zugegelten Haaren mit rosafarbenen Lacostepolohemd mit hochgestelltem Kragen und drei blonden Kommilitoninnen mit Blackberrys im Schlepptau, denen er versuchte die Welt zu erklären. Er hatte es besonders eilig wegen eines Praktikumbeginns und war ständig bei den Busfahrern um deren Route zu optimieren. Sie ignorierten ihn. Irgendwann sagte ich ihm, dass ihn niemand zum Reiseleiter ernannt habe. Ansonsten faselte Benedikt von den dekadenten Mensapreisen in Brüssel und seinem Besuch im 100€ pro Stunde-Parkhaus in Moskau mit der Tochter des russischen Präsidenten. Aha.

Ärgerlich war, dass ich während der ganzen Rückfahrt nicht schlafen konnte. Es gibt ja Leute, die können überall schlafen, die winkeln einfach die Beine an und machen die Augen zu. Um mich herum waren teilweise nur solche Leute, die vor sich hin schnarchten. Ich kann so nicht schlafen – und anlehnen konnte ich mich bei Ali ja nun auch nicht wirklich. Deswegen konnte ich echt nur zwischendurch etwas dösen und war die ganze Zeit wach. Nach türkischen, bulgarischen, serbischen, kroatischen, slowenischen und österreichischen Sandwiches und Kaffees und zwei Schachteln Zigaretten war ich dann nach 27 Stunden Fahrt fix und fertig, als wir in München am Hauptbahnhof eintrafen.

Im Vergleich zu Iren, Engländern und Spaniern, die ja gerade einmal die Hälfte ihres Nachhausewegs zurückgelegt hatten, musste ich ja nur noch in den Zug steigen. Ich traf noch die beiden Iren am Ticketschalter, die erfuhren, dass der Schlafwagen nach London wohl doch nicht so ein Geheimtipp wie ihre Iphonerecherche vermuten ließ und noch für eine volle Woche ausgebucht war. Eigentlich wollte ich schwarz fahren, da ich davon ausging das die Züge so voll seien, das keiner kontrolliert. Ein Blick auf den Bahnsteig zeigte, aber das dies nicht der Fall war und ich noch mehr Geld, nunmehr für den ICE, ausgeben musste. Ich traf noch Rashid wieder, der meinte er habe keinen Bock mehr auf Bus und würde jetzt mit einem Mietwagen nach Calais fahren und dann mit der Fähre weiter. Man dachte ich, der ist doch noch mindestens zwei Tage unterwegs.

Im Zug saß ich gegenüber von einem Rentnerpärchen, die aus Ägypten mit einer schrottreifen Maschine nach Wien geflogen sind. Ah, dachte ich, also war Wien wohl wirklich mal offen. Ich merkte wir mir die Augen zufielen und schlief während des Gesprächs ein, bis ich in von den beiden in meiner Heimatstadt geweckt wurde. Eigentlich war ich nun wieder urlaubsreif.


Soviel von mir und meinen drei Tagen Urlaub.

Kurzurlaub 3

Ich stelle mich trotzdem an einer der Schlangen an und frage nach dem Süditalienflug, den es natürlich gar nicht gibt und musste über mich selber lachen. Bis dahin war ich noch gut gelaunt und entschied mich, mit dem Bus nach Hause zu fahren, welche man im unteren Stockwerk bei den Reisebüros buchen kann. Auch hier natürlich super voll, meine Hoffnungen schnell nach Haus zu kommen schwanden. Gedanklich stellte ich mich schon darauf ein, zwei Tage am Flughafen auf meinen Bus warten zu müssen. Ein Haufen der Wartenden scheint deutschsprachig zu sein. Ein grauhaariger Mann im Anzug spricht mit ihnen: „Meine Damen und Herren, wir tun ja alles was wir können, es dauert jetzt wirklich nicht mehr lange.“ Er trägt ein Schildchen mit Bundesadler und ist von der deutschen Botschaft.

Hinter den Wartenden sind die Reisebüros. Schon das zweite Büro, in dem ich frage bietet Busse direkt in meine Heimatstadt an! Dies behauptet zumindest einer der rumschwirrenden geschäftstüchtigen Verkäufer an, die hin und herlaufen. Es gibt nur noch einen Platz und der Bus fahre in 15 min. ab. Ich müsste mich also schnell entscheiden. Kostet 250 €, den Preis habe die „deutsche Botschaft“ festgelegt. Ja klar. Ich komme mir über den Tisch gezogen vor und greife trotzdem zu.

Schnell stellt sich heraus, dass alle Deutschlandbusse nur bis nach München fahren und ich muss ja in den Norden. Ich will mein Ticket umtauschen, das Ticketbüro ist plötzlich leer und der Ledersessel auf dem der Verkäufer saß auch. Ich geselle mich zu meinem Buswartehaufen und stelle schnell fest, dass die Busreise –auch nach München– im Moment wohl die beste Option ist, neben dem Zug und einer ominösen Fähre nach Griechenland, die alle ausgebucht sind. Meine Reisegruppe ist bunt gemischt sowohl vom Alter als auch von den Nationalitäten her: eine holländische Familie, ein deutsches Ehepaar, einige Iren und Engländer, ein paar Spanier und Türken, einige Geschäftsleute und mehr. Die meisten warteten schon seit zwei, drei Tagen auf diese Busfahrt und sahen ziemlich fertig aus.

Die Abfahrt wird immer wieder verschoben. Als wir zwei Stunden später zum Bus dem „Munich“-Schild folgen, macht sich Unruhe breit und es wird hektisch-jetzt geht’s ums Ganze. Es scheint als sind wir viel zu viele, um alle in den Bus zu passen. Das Gepäck muss vor der Einladung beschriftet werden. Diejenigen die nicht alleine Reisen teilen sich auf und reservieren im Bus schon Plätze. Ich muss mit Rashid draußen warten und um meinen Platz bangen, es gibt nur einen Kugelschreiber. Rashid ist ein junger Brite pakistanischer Herkunft mit braunem Adidastrainingsanzug und dicker Goldkette. „I’m so happy if I finally get on this bus.“ Er steckt sich eine Zigarette an. Nach einem Zug fällt sie runter und rollt unter den Bus. Auch er zittert total von der Kälte, auch er hat keine warmen Klamotten dabei. Wir ergattern einen Platz im Bus, ich sitze neben Ali am Gang, relativ weit vorne.

Die drei jungen Busfahrer erhalten eine kurze Einweisung von anderen Fahrern, sie sind wohl noch nicht so oft Bus gefahren. Eine Ansage gibt es nicht, aber es geht los-die Fahrt soll 20 Stunden dauern. Nach einer Viertelstunde Fahrt Essenspause. Erstes Geraune im Bus, wir sind doch gerade erst losgefahren? Alle raus was Essen, ich find‘s gut, da ich tierisch Hunger habe. Am Rastplatz stehen lauter Reisebusse mit Gestrandeten. Der Bus neben uns fährt auch nach München und hat nur 150 € gekostet. Ich setze mich wieder hin und versuche mich gerade abzuregen, das ich 100 € zum Fenster rausgeworfen hab. Zwei Busfahrer steigen wortlos ein und fahren los. Häh, aber das waren doch vorhin noch Andere? Keiner sagt was, langsam beginnen wir darüber zu diskutieren, Hauptsache wir fahren. Am Rastplatz wurde zwischen den Busfahrern Geld hin und her getauscht. Wir wurden weiterverkauft!

An der Grenze zu Bulgarien 2 Std. Wartezeit in der Schlange mit den ganzen anderen Bussen, Einreise in die EU, unsere Busfahrer haben kein Visum. Wir steigen aus und rauchen im Regen. Überhaupt schienen alle auf der Reise zu rauchen. Die Zeit in Bulgarien scheint stehengeblieben zu sein, das Grenzhäuschen sieht aus wie von 1970, die Uniformen der Grenzer auch. Wir stehen vor einem Häuschen mit abblätternder Farbe und vergilbter Plexiglasscheibe. Drinnen sitzt eine rauchende Grenzkontrolleurin mit dem Rücken zu uns und surft auf einem Röhrenmonitor auf einer Seite mit Dominas mit Latexklamotten und Peitsche. Das Ganze ist total surreal. Ein Geschäftsmann im Anzug aus unserem Bus, der aus einer Japan kam, bemerkt, dass dies „in anderen Zusammenhängen ja alles ganz spannend sein würde.“

Wir fahren weiter und kurven um diverse Schlaglöcher die ungemähten Wiesen entlang, auf der einige Bauern Tiere hüten. Ich kann kaum glauben, das Bulgarien EU-Mitglied ist, das einzige was irgendwie neuer aussieht waren die Autohäuser. Ein Bekannter der Busfahrer steigt in einem kleinen Ort hinzu. Es ist ein muskellöser Typ mit blauer Bomberjacke und abrasiertem Haaren. Witzigerweise war er kein Austauschbusfahrer, sondern für den Bordservice zuständig. Auf einem Tablett, das er versuchte mit einer Hand im schaukeligen Bus zu balancieren, servierte er abgepacktes Leitungswasser. Bei unserer Ausreise aus Bulgarien stolperte er die Treppe hinunter und stellte mehrere Päckchen bei den Grenzern auf den Tisch. Diese inspizierten diese und ließen uns schnell passieren. Die Insassen eines anderen Busses hingegen waren nicht so clever, die Grenzer zu bestechen und mussten bei strömenden Regen einzeln ihr Gepäck durchsuchen lassen. Als wir an ihnen vorbeizogen, erkannte ich, dass es der 150€-Bus war. Yeah, das habt ihr nun davon.

Fortsetzung folgt.

Kurzurlaub 2

Nun dann verlängert sich mein Urlaub halt. Mein Reiseveranstalter hatte ausrichten, wir könnten kostenfrei bleiben bis sich die Lage beruhigt und „unseren Urlaub genießen“. Bleibe ich halt ein, zwei Tage länger bis ich wieder fliegen kann, ist ja eigentlich ganz nett. Ich las meinen Krimi fertig und schaltete mein Handy ein, was ich eigentlich nur in Notfällen tun wollte. Mein Vater hatte mir schon diverse SMS geschrieben: „Der Luftraum ist gerade offen, ist geschlossen, ist morgen früh wieder kurz offen, du kannst eventuell doch fliegen, fahr einfach zum Flughafen-“ Naja.

Ich schaute mir den nächstgelegenen Ort an und ging ins Internetcafé, der Fernseher im meinem Hotelzimmer funktionierte ja nicht richtig. Bei den Bildern von den ganzen gestrandeten Passagieren wurde mir das ganze Ausmaß der Flugeinschränkungen bewusst-und natürlich auch, dass es am nächsten Tag wohl kaum einen Flug zurück geben würde. Zurück im Hotel berichtete Joachim von meuternden Hotelgästen in der Nähe, deren Veranstalter ihnen gekündigt hätten und die auf gepackten Koffern in der Hotellobby übernachten mussten. Ich gab einem Freund, der beim Radio arbeitet, ein Interview und wurde als einer von 5000 gestrandeten Touristen in die Sendung geschaltet: „Wie wollen sie denn nun nach Hause kommen?“

Am Tag drauf wurde mir langsam langweilig, der Krimi war durch und ich wollte ja auch zu Wochenbeginn wieder zu Haus sein. Die kasachische Kindergruppe mit 60 Personen die per Bus angereist war und die Gästezahl auf einen Schlag verzwanzigfacht hatte nervte irgendwie auch. Der Reiseveranstalter hatte mir Fax geschickt, auf welchem er mich rückwirkend kündigte und ich meinen Aufenthalt selber zahlen müsste: höhere Gewalt, Vulkan, bla bla. Nun war klar, dass ich mich aufmachen musste. Ein Blick auf die Karte offenbarte schnell, das ich ganz schön weit weg von der Heimat, also nichts mit Zug oder Bus. Also dachte ich so nah wie möglich ran an Europa nach Istanbul und buchte telefonisch einen Flug, denn es zum Glück noch gab.

Beim Ausschecken sollte ich die letzte Nacht bezahlen – und zwar absurde 60 €, wohl wissend das mich der ganze Weg zurück mehr kosten würde als die ganze Reise. Ich telefonierte mit meinem Veranstalter. Ich sagte ihm, dass eine rückwirkende Kündigung nicht möglich sei und mir zugesagt worden sei, ich könnte die Zeit genießen, bis wieder alles in Ordnung sei. Der Typ war schon sowas von abgegessen und rotzunfreundlich, das habe ich echt noch nicht erlebt. „Höhere Gewalt, da ist nunmal alles möglich, wissen sie eigentlich was uns das kostet, ich habs nicht nötig mich mit ihnen zu unterhalten.“ Da nichts zu holen war, brüllte ich „Arschloch“ in den Hörer und legte auf. Joachim, wohl wissend das ihm der selbe Streit bevorstand, versuchte mich zu überreden, einfach abzuhauen er würde die Rezeption ablenken und ich könnte einfach schnell zur Bushaltestelle laufen. Mich plagte ein schlechtes Gewissen gegenüber der echt netten Hotelleitung als erster Gast der Saison. Zum Glück erließ mir der Manager von sich aus die letzte Nacht und wünschte mir eine gute Heimreise. Für das Wetter könne ja niemand was.

Weil ich in Antalya in den falschen Bus gestiegen bin, um mir das Geld fürs Taxi zu sparen, dauert es ewig bis zum Flughafen. Dieser ist menschenleer. Noch eine SMS von Papa: Es gäbe Flüge von Antalya nach Wien! Einfach buchen! Ich hin zum Schalter. „Es gibt überhaupt keine Flüge nach Europa, weder von hier aus noch aus Istanbul. Wie kommen sie darauf, dass sie einfach einen Flug buchen können? Nur Gott weiß wann man wieder fliegen kann.“ Es gäbe aber wohl Busse in Istanbul.

Nach der Landung in Istanbul stellte sich heraus dass es dort gar keine Busse gab. Ich war am Billigairlineflughafen außerhalb der Stadt gelandet. Also auf zu Atatürk International Airport. Ein britisches Pärchen mit Ziel London will sich ein Taxi mit mir teilen, hat aber dann doch kein Geld, weil der Geldautomat am Flughafen ihre Karte nicht akzeptiert. Alleine fahre ich mit einem Bus in die Innenstadt und pfeife mir ein Burgermenü rein. Es ist kalt und regnet, ich habe immer noch meine Antalyashorts an. Ich überlege kurz, einfach in Istanbul zu bleiben bis sich alles wieder eingerenkt hat, entscheide mich aber wegen des schlechten Wetters dagegen und fahre mit einem anderen Bus zum Atatürk Airport.

Der Flughafen ist randvoll und tierisch laut. Tausende von Menschen sitzen auf ihrem Gepäck herum, einige auf Feldbetten, andere stehen in meterlangen Schlangen an irgendwelchen Schaltern an. Ich hole mir einen Kaffee und schaue mit Hunderten auf die Anzeigetafel „Cancelled, cancelled, cancelled.“ Es gibt angeblich einen Flug nach Süditalien. Auf jeden Fall wird das im Moment dort angezeigt. Mmmh, das geht ja eigentlich, denke ich mir. Aber eigentlich geht das nicht, das ist doch total weit weg.

Fortsetzung folgt.

Vertretungseintrag: Kurzurlaub 1

Um inhaltlich beim Thema zu bleiben soll es bei mir zunächst um das Thema Urlaub gehen.

Letztes Jahr, im Frühjahr, war ich völlig überarbeitet. Und zwar so überarbeitet, dass ich mich trotz des nahenden Semesterbeginns nicht um Entspannung, geschweige denn um einen Urlaub oder eine Urlaubsbegleitung gekümmert hatte. Eine Woche vor Semesterbeginn setzte ich mich an meinen Computer und dachte mir egal wohin – du fährst jetzt noch weg. Da ich normalerweise nur mit meinem Rucksack reise und nur den Flug buche sollte dies meine erste Pauschalreise werden. Beldibi in der Nähe von Antalya sollte es werden. „Golden Sunshine“ oder so hieß das drei Sterne-Hotel, all-inclusive, mit Pool. Drei Tage Sonne und Entspannung dachte ich mir und richtig voll wird es ja auch noch nicht sein.

Kurze Zeit später saß ich im Flugzeug, alle waren heiß auf Urlaub. Einigen war wohl zu heiß, denn vor mir stritten sich eine jüngere türkische Mutter und eine Deutsche darüber warum die Mutter 15 min. zu spät im Flugzeug war. „Gibt’s in der Türkei keine Uhren?“ murmelte die Rentnerin. „Na warum fliegen sie dann in die Türkei wenns da keine Uhren gibt?“ schrie die Mutter zurück, die sofort auf hundertachtzig war. Das ließ sie nicht auf sich sitzen und beschwerte sich direkt vorne beim Piloten. Der machte dann eine Durchsage, in der er bestätigte dass die Sicherheitskontrolle und nicht etwa sie für ihre Verspätung verantwortlich war. Die Gemüter beruhigten sich.

Nach der Landung fuhr ich im Bus mit einer Gruppe niederländischer Rentner zum Hotel, d.h. alle anderen fuhren weiter ich war der einzige der ausstieg. In der überschaubaren, fast schon familiären etwas älteren Anlage wurde noch gewerkelt und gemalert machte ich mich auf den Weg zum Rezeptionshäuschen. Nach einigen Minuten wurde ich von Tochter und Sohn des Eigentümers empfangen. „The first guest!“ stellten sie freundlich fest. Es war auch der erste Öffnungstag. Obwohl ich als einziger Gast zwischen Hotelpersonal und Handwerkern leicht zu identifizieren war, erhielt ich ein gelbes all-inclusive Armband.

Mein kleines Zimmer war schön gelegen und ich konnte von meinem Balkon direkt auf den Pool schauen, hinter uns das traumhafte Taurusgebirge mit Fichtenbäumen. Die Sonne schien und mit Shorts und meinem Krimi setzte ich mich auf den Balkon und las. Später erkundete den kleinen Ort, welcher eigentlich nur aus einer großen Straße mit Hotelanlagen, Einzelhandel und Friseuren bestand. Aber es war schon ruhig, da fast alles noch geschlossen war, da die Saison noch nicht begonnen hatte. Ich schlenderte den Meerweg entlang, las, plauschte mit dem Hotelpersonal und aß als einziger Gast im Essensraum leckere türkische Hausmannskost. Genau so hatte ich mir das vorgestellt!

Am nächsten Nachmittag traf ein älteres deutsches Pärchen ein. Sie waren freundlich und wir plauderten ab und an, denn bei der begrenzten Gästezahl lief man sich ja ständig über den Weg. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass der Ehemann Joachim ein absoluter Pauschalreisenschnäppchenjäger war, der sich als Hoteltester versuchte. Eher ein ruhiger Typ, der bestimmt im öffentlichen Dienst war. Beim Abendessen berichtete Joachim von ihrem Zimmerwechsel aus irgendwelchen banalen Gründen, das es ärgerlicherweise nur Dosenbier gab, weil die Zapfanlage noch nicht angeschlossen war und das ja gar kein Büffet zum Abendessen aufgebaut war. Eine Unverschämtheit-er habe sich deswegen auch schon beschwert. Ich dachte mir, es ist jawohl logisch das sie bei drei Gästen kein Büffet aufbauen, das lohnt sich ja überhaupt nicht (Außerdem hat die ganze Reise ja auch nur 170 € gekostet…) Joachim fuhr dennoch fort: es fehlten frischgepresste Säfte und erst die ganzen Handwerker…

Pah, dachte ich mir, man kann sich seinen Urlaub auch selber verderben. Ich genoss den restlichen Tag, übermorgen sollte ja schon mein Rückflug sein. Meinen Krimi wollte ich ja auch noch fertiglesen. Am nächsten Morgen stand auf der Tafel an der Rezeption das die Reiseleitung schon wieder kommt. Was soll das denn jetzt, er war doch erst gestern da? Da ich ja neben sonnen, essen und lesen nichts zu tun hatte gesellte ich mich mit Joachim und Frau zum Treffen. „Ja sie wissen ja sicherlich schon worum es geht …“ Nö, weiss ich nicht. „Na lesen sie denn keine Zeitung?“ Nein, ich bin doch im Urlaub. „Naja der Luftraum in Europa ist doch gesperrt, wegen eines Vulkanausbruchs ins Island.“ Im ersten Moment dachte ich, was ist das denn für eine absurde Geschichte, Island? Vulkan? Was hat das mit meinem Türkeiurlaub zu tun ?

Fortsetzung folgt.

Kurzes Update

Dr Müller lässt nichts anbrennen. Schon heute kam die Rechnung für die Behandlung gestern und vorgestern. Zu seiner Ehrenrettung muss ich sagen, dass ich alles erwartet hätte aber nicht, dass er nur 121 Euros von mir möchte. Die bekommt er auch. Ich gehe heute noch zur Bank. Der Rücken schmerzt noch ein bisschen. Der Deutschlehrer sagt: „Stell dich nicht so an.“

Heute will ich mal nicht über den Zerfall meines Körpers schreiben, obwohl wir vorhin überlegt haben, ob jemand einen Blog, in dem es nur um körperliche Gebrechen geht, lesen würde. Der Deutschlehrer meint, ich sollte mal einen Blog anfangen und nur über Verstopfungen schreiben. Ich persönlich glaube ja, dass man daraus bestimmt auch einen Bestseller machen kann. Verdauung hat jeder. Das erschließt noch mal eine viel größere Leserschaft, als das Schulthema.

Eigentlich kann man doch über alles schreiben, oder? Mache ich doch in den Ferien auch. Ich habe schon seit Wochen nicht mehr an die Schule gedacht oder davon gesprochen, geschweige denn geschrieben. Sind ja auch Ferien. Und weil ich mich zu hause ja immer so langweile, fahre ich mit dem Freund und zwei Freundinnen morgen noch mal weg. Diesmal Inland. Dahin wo es regnet und stürmt. Wird bestimmt gemütlich und die Action hält sich hoffentlich in Grenzen. Ich will dort nur schreiben, lesen, essen und Strümpfe stricken.

Und weil das mit der Ferienvertretung so gut geklappt hat, habe ich einen Freund gebeten, ab morgen hier für mich zu schreiben. Es sind ja irgendwie noch immer Leser im Internet unterwegs. Von wegen Sommerloch…
Dieser Freund ist oder wird Jurist. Also, falls jemand was rechtliches wissen möchte, dann ist das hier ab morgen the place to be.
Der Juristenfreund kennt sich aber mit allem möglichen aus: politischen Konfliktherden, Naher Osten, Euro, Griechenland, Karstadt und seine Servicewüste… ich bin sicher, dem fällt immer was ein. Seit Jahren versuchen wir ihn für einen eigenen Blog zu begeistern. „Ich habe keine Zeit.“ ist seine Entschuldigung. Das hat Frl. Krise auch immer gesagt. Und jetzt schreibt sie jeden Tag. Wo ist die überhaupt. Wollte die nicht wiederkommen? Ich werde ihr mal hinterher telefonieren.

Alltag ist das hier nicht. Verreisen, nach Hause kommen, Wäsche waschen (lassen), wieder packen, wieder weg und dann wiederkommen, kein tägliches Frl. Krise und Frau Dienstag ist so in ihrem Projekt Strickmaschine verheddert, dass man sie auch nur noch zwischen Tür und Angel zu greifen kriegt. Ich erwarte bunte Streifenpullies für meine Herbst- und Winterkollektion. Zu Jeans…top!

Okay ihr Lieben, dann hoffe ich für uns alle mal, dass das hier nett wird mit dem Vertretungsjuristen. Seid mal lieb zu dem, der macht das ja zum ersten Mal. Vielleicht findet er ja Geschmack daran. Und bitte streitet euch nicht, wenn ich weg bin. Jedenfalls nicht um so einen Scheiß wie Krankenkassen…privat, nicht privat… ist doch egal.

Ich wünsche allen, die noch weg sind, oder wegfahren viel Spaß und ihr anderen, arbeitet nicht zu hart. Und irgendjemand soll mal wieder ein bisschen Sommmer machen. Das ist doch nichts hier mit diesem Herbstfeeling im Juli.

Heal me!!!

Wartezimmer Dr Müller: Ich lese gerade, eine heiße Diskussion, ob man mit 40 noch im Bikini, oder nur noch mit Burka an den Strand darf. Wenn man nicht zum Arzt geht, bleibt einem dieser spannende Teil des Lebens völlig verborgen. Frauenzeitschriften nehme ich nämlich nur dort in die Hand und beim Friseur. Und dann will ich die aber auch von vorne bis hinten studieren und mich danach körperlich und modisch ganz furchtbar unansehnlich fühlen.

Aber seit neuestem bin ich privat versichert und da lässt man mich nicht mehr in Ruhe die Sommermode und die Partnerschaftsratschläge lesen. Kaum sitze ich, blättere gerade durch „Das tragen die Stars auf den Malediven“, schon heißt es: „Frau Freitag, bitte Sprechzimmer eins.“ Jetzt werde ich wohl auch nicht mehr erfahren, warum Julia Roberts Lächeln so bezaubernd ist. Was ich allerdings sehr genieße, sind die neidischen Blicke der Kassenpatienten. War ich doch vor kurzem selbst noch so ein lange wartender und dann nur oberflächlich behandelter Patient.

Die Sprechstundenhilfe erwartet mich im Sprechzimmer. Sie scheint etwas verwirrt: „Sie? Sie waren doch gestern hier.“
„Ja, und ich sollte heute noch mal kommen.“ Wahrscheinlich denken wir beide das Gleiche: Frau Freitag ist doch privat versichert, da bestellen wir sie uns jeden Tag und rechnen immer schön ab. Dann kommt Dr Müller.

Er macht mit mir original das gleiche wie gestern. Das muss dann aber auch bitte genauso viel wie gestern kosten. „Wie geht es denn Frau Freitag?“
„Ich finde es könnte besser gehen. Ich fühle mich noch nicht geheilt.“
„Ich bin ja auch nicht Jesus. Objektiv sieht es sehr gut aus. Subjektiv ist der Schmerz noch da.“
„Ich hätte das lieber andersrum.“
„Nein, das hätten Sie nicht. So wie es ist, ist es gut.“
Wir sprechen während er hinter mir steht und meinen Rücken massiert. Ich schlenkere dabei mit dem linken Bein und stütze mich vorne auf der Liege ab. Muss unheimlich bescheuert aussehen. Und ich vermute, dass das mit dem Beinschlenkern auch unnötiger Firlefanz ist, der nur zur Belustigung von Dr. Müller und der Sprechstundenhilfe gedacht ist.

Ich nehme einen neuen Anlauf: „Ich hatte doch jetzt schon eine Woche Rückenschmerzen. Das reicht doch jetzt. Vielleicht müssen Sie noch die andere Seite einrenken. Vielleicht haben Sie die falsche Seite eingerenkt. Sind Sie sicher, dass Sie die richtige Seite behandeln?“
„Ganz sicher.“
Dr Müller hört kurz auf zu massieren: „Frau Freitag, Sie sind zu ungeduldig.“

Tja. Hat er wohl recht. Bevor ich die Praxis verlasse erklärt er mir noch meinen Rücken und was sich da verschoben hat, an so einem Skelettteil. Ich höre nur mit halben Ohr zu und denke: Das berechnet der bestimmt als Anatomische Extraberatung. Kostet bestimmt noch mal 100 Euro.

Aber draußen fühle ich mich schon viel besser und jetzt werde ich meinen maroden Rücken mal aufschwingen und Tanzen gehen. Mal sehen ob alles hält. Und wenn nicht – nich bin mir sicher, dass sich Dr Müller über einen erneuten Besuch freuen wird.

Der Körper und der Urlaub

Yeahhhh, wieder da! Erstmal vielen Dank an die fleißigen Vertretungslehrer. Das habt ihr sehr schön gemacht. Aber auch vielen Dank an euch treue Leser, die ihr hier täglich vorbei kommt, auch wenn ich gar nicht zu Hause bin. Da wo ich war gab es ja kein Internet, jedenfalls nicht für mich und deshalb habe ich mit großem Interesse eben die ganzen Einträge und die Kommentare gelesen. Schön, wenn man auf dem eigenen Blog mal was liest, was man noch nicht kennt. Kommt ja eher selten vor.

Tja, und ich bin wieder hier. Aber noch nicht richtig. Wie sagt der Indianer? Der Körper ist angekommen, die Seele reist noch – oder so ähnlich. Jedenfalls dauert die Aklimatisierung noch. Vor allem, weil ich ja so dermaßen lediert aus meinem Actionurlaub zurückgekommengekrochen bin.

Die erste Tat des Tages deshalb ein Telefonat mit Praxix Dr. Müller.
„Praxis Dr. Müller, guten Morgen.“
„Guten Morgen, Freitag ist mein Name, ich habe akute Schmerzen im unteren Rücken und ich bin privat versichert, wäre es möglich gleich vorbeizukommen?“
Ich höre ein Grinsen in der Stimme: „Ja, das wäre möglich.“
„Dachte ich mir. Bis gleich dann.“ grinse ich zurück.
Dr. Müller wird mich einmal einrenken und mir dann eine Rechnung über 600Euro ausstellen, dafür bin ich sicher, dass ich nicht lange warten muss.

Ja, ich hatte Rücken, eine Woche lang. Übelsten Rücken. Action ging, aber die Schuhe konnte ich mir nicht selbst anziehen. Auf dem Flughafen habe ich mich auf mehreren Sitzen gelegen und das Aufstehen dauerte bestimmt 10 Minuten und wirkte so, als hätte ich gerade eine ganz schlimme OP hinter mir gehabt und erhebte mich zum ersten Mal. Strahlen die Schmerzen in die Beine? Neiiiiin, tun sie nicht, es ist KEIN BANDSCHEIBENVORFALL. Es war nur eine Blockade oder sowas. Dr. Müller hat das wieder zurechtgebogen. Ich liebe Dr. Müller. Denkwürdig bleibt seine Begrüßung, als ich das erste Mal zu ihm kam: „Na Frau Freitag, dann legen Sie ihren maroden Körper mal dort auf der Liege ab.“

Jaja, der Rücken, der hat mein Urlaubsvergnügen ein wenig eingeschränkt – jedenfalls musste ich auf das Vergnügen meine Schuhe selbst zuzubinden leider verzichten.

Der Rücken kam, nachdem ich eine Nacht und einen Tag mit meinen Innereien gekämpft hatte. Extreme Kloangst – führte gleich zu Beginn des Urlaubs zu enormen Verstopfungen, die schlugen sich dann auf den Magen und mir wurde ganz schlecht. Wenn einem schlecht ist muss man kotzen, dann geht das wieder – so meine Erfahrung. Ich würde eine super Bulemikerin abgeben, denn kotzen kann ich. Aber das Problem beim Kotzen ist, ist, dass irgendwann nix mehr in einem ist und dann kommt dieser üble bittere gelbe Schleimsaft aus den hintersten Tiefen des armen Köpers.

Die ganze Nacht kotzen, statt schlafen, das stresst. Morgens ging es mir dementsprechend schlecht. Die Verstopfung hatte sich gelöst, dafür hatte ich – sehr zum Leidwesen des Vermieters – das Chemieklo kaputtgekackt. Der Freund meinte, man muss da Wasser raufkippen. Muss man aber gar nicht.
Jedenfalls morgens – mir ging es immer noch schlecht – geht der Freund zu unserer gebuchten Action und läßt mich in meinem Elend allein. Draußen ist es schön und noch morgendlich kühl, also nehme ich mir ein paar Kissen und lege mich mit der Decke auf die Terasse. Immer noch wimmernd und mich krümmend und schlecht ist mir auch noch. Der Vermieter, der ein paar Meter weg wohnt bemerkt mich dort auf der Terasse, traut sich aber nicht an mich ran. Deshalb schickt er die Freundin seines Vaters (der Vater ist 92 – die Freundin noch rüstige 75). Die tut nun so, als suche sie im Garten irgendwas. Dann kommt die Frau des Vermieters und tut so, als wolle sie Johanisbeeren pflücken. Aber eigentlich wollen sie alle nur rausfinden, ob diese Deutsche da auf ihrer Terasse einen kalten Entzug durchmacht. Irgendwann kann ich nicht mehr und schleppe mich zum Vermieter. Der steht schon mit der ganzen Familie bereit – seine Frau, sein Vater, die Freundin vom Vater – alle sind gespannt, was mit mir ist. „I need doctor!“ stammle ich.
Wir sind mitten im Wald – no doctor around. Der Vermieter will mir was sagen: „About the toilet…“ ich gucke ihn an. Ich merke, dass ich schiele. „I’m sick in my stomach.“ jammere ich ihn leise an. Ich will jetzt nichts über die Toilette hören.

„I drive you doctor.“ sagt er irgendwann und drückt mir einem Papierkorb in dem eine Plastiktüte ist in die Hand. Er hat Angst um sein Auto. Und nicht zu unrecht – nach drei Minuten muss er anhalten und ich schaffe es gerade noch die Tür aufzureißen und meinen Magengallensaft in die Landschaft zu schleudern. Dann ging es mir besser.
Der Anblick des Arztes half, ein kurzes Gespräch mit ihm auch und die Gewissheit, dass ich mich nicht am Autan vergiftet hatte auch. Ich hatte das aus versehen auf die Zigarette gesprüht.

Am nächsten Tag war alles wieder top im Magen-Darm-Bereich, aber dann kam Rücken. Aber Rücken ist bei weitem nicht so schlimm wie Miristschlecht.

Geistig-mentalisch war der Urlaub aber echt suuuper!!!

Vertretungseintrag Marq: Sitzordnung

Nach ein paar Tagen Klassenfahrt folgt nun die unumgängliche Rückreise. Als meinen letzten Vertretungsbericht in diesem Blog beschreibe ich, Marq, wie sich mit gut zwei Dutzend Schülern in einem 50 Plätze fassenden Reisebus ideale Feldstudien über sozio-hierarchische Strukturen eines Klassenverbandes ermitteln lassen.

Vorne neben dem Busfahrer sitzt das etwas altkluge und hypochondrische Mädchen, dass schon Stunden vor Erscheinen des Busses mir mitgeteilt hat, dass sie dort sitzen muss, weil ihr auf Reisen immer schlecht wird. Sie nimmt brav ihre Reisetabletten, isst nichts, trinkt Tee aus einer Thermoskanne und liest auch nicht, da sie stur auf die Straße schaut. Dabei hört sie ein Hörbuch von einem altmodischen Discman.

Parallel zu uns Lehrern sitzen die Streber, die Apfelschorle trinken, uns von ihrem Reiseproviant etwas anbietet und permanent das Gespräch suchen. Dagegen hilft: sich mit der Klassenlehrerin über den letzten Urlaub unterhalten oder schlafen.

Im vorderen Drittel sitzen die braven Schülerinnen, die sich unterhalten, Obstsäfte trinken, selbtgemachte Brote essen und sich gegenseitig Zöpfe flechten oder sich Test aus diversen brave-Mädchen-Magazinen vorlesen (bist du ein Herbst- oder Sommer-Typ…)

Ihnen gegenüber haben die intellektuellen Sonderlinge Platz genommen. Sie sondern sich von allen und jedem ab, sind in ihr Science-Fiction-Buch vertieft, essen und trinken nichts.

Dann folgen ein paar leere Reihen…

Gegenüber der Toilette ist traditionell der Platz der Opfer. Meist sind sie dick („Hannes, du stinkst!“) oder modisch nicht auf dem aktuellen Stand gekleidet, wollen aber unbedingt zu den Beliebten dazugehören. Sie erfüllen eine wesentliche Sozial-Funktion, da sie Cola und Chips bei sich haben und diese aber auch gerne ihre elektronischen Gadgets in die Reihen hinter sich verleihen, was ihnen das Gefühl gibt, von den Coolen beachtet zu werden und dabei nicht bemerken, dass sie von diesen nur benutzt werden. Das Ziel hämischer Sprüche, derber Streiche und verschiedener Wurfobjekte zu werden, verwechseln sie mit Anerkennung.

Das hintere Dirttel ab der zweiten Türe ist das Territorium der Alphatiere, die natürlich in der letzten Reihe sitzen und von dort ihren Hofstaat kontrollieren. Hier ist ein Ghettoblaster mit angesagter Musik dabei, alkoholische Mischgetränke und natürlich der obligate an der Raststätte erworbene Whopper. Es wird nicht gelesen, stattdessen die an der Tankstelle erworbenen Heftchen konsumiert. 80% der im Bus vernommenen nervigen Lautstärke stammt aus den letzten 20% der Reihen, was man vielleicht mal im Mathematikunterricht als Beispiel für das Paretoprinzip durchnehmen sollte…

So viel von meiner Seite. Eine angenehme Heimfahrt wünscht sich Marq