„Ja, was wollen Sie denn nun?“
„Also noch mal: Ich habe letztes Jahr im Winter ein Implantat bekommen. Also eine Schraube…“ während ich spreche ziehe ich mit dem Mittelfinger meinen Mund zur Seite auf, um der Sprechstundenhilfe ein visuelles Verständnis meines Problems zu geben. „…un‘ da is‘ ja immanoch die Tzahnlücke…“ Ich nehme den Finger wieder raus. „…und jetzt wollte ich fragen, was ich jetzt mache? Wo soll ich jetzt hin? Zum Zahnarzt oder zum Implamatör?“
Oh Gott, ich hätte mich auf diesen Besuch gründlicher vorbereiten sollen. Falls ihr euch nicht mehr erinnert: Irgendwann im Winter war ich beim smarten Dr. Müller-Wohlfahrt, der eine Stunde in meinem Mund rumgebohrt hat und mir dann noch seine Privatnummer gab. Zum Abschied sagte er: „Wir sehen uns dann im April.“ Und ich sagte: „Ohhh Aprüül, dann isch ja schon Frühling.“
Das war letztes Jahr. Nun war gerade April, Frühling ist auch schon lange und ich habe eine Schraube oder einen Stift oder irgendwas im Oberkiefer, 1600Euro bezahlt und genau die gleiche Zahnlücke wie letzen Winter. Also dachte ich mir – das kann ja nicht sein, dass ich eine Woche aussehe wie der Elefantenmensch, 1600 Öcken zahle und dann noch nicht mal einen Zahn habe.
Deshalb bin ich vorhin zu meinem Zahnarzt, um zu fragen, wie das jetzt weitergehen soll. Ich habe keine Ahnung, was jetzt passieren wird. Irgendwie muss doch ein Zahn gemacht werden und der muss dann auf diese Schraube. Aber macht das der Zahnarzt oder Dr. M-W? Und wie heißt der – Implantatör wahrscheinlich eher nicht.
Der Zahnarzt ist nicht da und die Sprechstundenhilfe hat leider keine Ahnung. Sie kann mir nicht sagen, welche Arbeitsschritte bei einem Implantat nötig sind. Müsste sie eigentlich wissen. Ist doch irgendwie auch ihr Job – so was zu wissen. Ich weiss nicht mal was das Implantat ist – der fertige Zahn oder die Schraube und ist das überhaupt eine Schraube? Sie erzählt mir etwas von „Das Implantat muss noch freigelegt werden.“ Klingt nicht gut. Ich höre lieber nicht so genau hin.
Wir einigen uns darauf, dass ich bei Dr. Müller-Wohlfahrt anrufe und ihn nach dem Prozedere frage. In meinem Bekanntenkreis konnte ich mich auch nicht schlaumachen. Die meisten haben kein Geld für so luxuriösen Schnickschnack. Und Frl. Krise – die mir ja immer alles nachmachen musste hat ja gerade mal die erste OP überlebt und garantiert auch keine Ahnung wie das bei ihr dann weitergeht. Um mich auszustechen hat sie sich gleich mehrere Implantate machen lassen und dann auch noch mit Lachgas. Sie sollte gar nicht mehr Frl. Krise heißen – Madame Luxury wäre angebrachter. Egal.
Jedenfalls bin ich zu Hause wild entschlossen mich bei Dr. Müller-Wohlfahrt zu melden. Ich finde aber seine Telefonnummer nicht und gucke deshalb im Internet nach. Und ihr glaubt es nicht was da steht…
Dr. Müller- Wohlfahrt – Zahnarzt aus Leidenschaft
Super – Zahnarzt aus Leidenschaft – ich kann es gar nicht glauben. Ich möchte auch Visitenkarten: Frau Freitag – Lehrerin aus Leidenschaft.
Beim Dr. M-W bekommt das Wort LEIDEN-SCHAFT ja auch eine ganz neue Bedeutung…
Ich bin jedenfalls sofort wieder Fan vom Doc. und rufe ihn also gleich an.
„Hallo Praxis Dr. Müller-Wohlfahrt?“
Ich sage meinen Namen, ich buchstabiere meinen Namen – mehrfach – versuche dann mein Problem zu erklären und mache schließlich verzweifelt einen Termin für nächste Woche.
Irgendwie scheint niemand von den Beim-Arzt-arbeitenden-Frauen zu wissen, was der Doktor da eigentlich hinter der Milchglastür so macht. Ist doch kein Staatsgeheimnis, wie man ein Implantat setzt, oder?
„Sie müssten da schon zu einem Beratungsgespräch zum Herrn Doktor Müller-Wohlfahrt kommen. Er ist aber nur Dienstags in der Praxis.“
Ich mache einen Termin für nächsten Dienstag und denke: Zahnarzt aus Leidenschaft – aber bitte nur Dienstags.
PS: Die Zahnärztinnen unter euch Lesern können mir ruhig KURZ, KNAPP UND VERSTÄNDLICH erklären, was mich (und das Fräulein) erwartet. Wie viele Sessions, wie lange das ungefähr dauert und vielleicht sogar was so ein Zahn kostet.