„Yoooooo – Frau Freitag!!!!“ Ich komme aus dem Treppenhaus und will in Raum 301. Die Prüflinge warten schon. „Yoooooo!!! Super, na, jetzt kann ja nichts mehr schiefgehen, wenn Sie jetzt da sind“, sagt der Lieblingsschüler, während ich den Raum aufschließe.
Mit mir betreten vier ziemlich unaufgeregte Oberstüfler das Wartezimmer. Von hier werden sie in 10 Minuten in den Vorbereitungsraum geholt, wo sie sich vorbereiten und dann gilt es die letzte Hürde vor der Freiheit zu nehmen – die letzte mündliche Prüfung.
„Abitur…. Mensch, Mensch, Mensch, wie die Zeit vergeht. Seid ihr aufgeregt?“
Ich kann sie einfach nicht sietzen. Ich habe die alle von der siebten bis zur zehnten und teilweise auch noch in der elften Klasse unterrichtet. Ich duze sie immer. Mich wundert, dass sie mich noch nicht duzen.
„Aufgeregt? Nö.“ Der Lieblingsschüler ist einfach cool. Nicht mal aufgeregt ist er.
„Abo Frau Freeeeiiitag, ich mach mir gleich in die Hose. Die Mädchen sind nicht so cool.
Ich erinnere mich an meine Pflichten: „Ihr müsst hier unterschreiben, kommt mal her. Fühlt ihr euch gesundheitlich in der Lage an der Prüfung teilzunehmen – also ich meine geprüft zu werden?“
„Was ist denn wenn ich mich jetzt gut fühle und später nicht mehr? Kann ich das nicht später unterschreiben?“ Mona ist ziemlich nervös. Ich schiebe ihr das Blatt rüber. „Mona, das schaffst du schon. Tief durchatmen. In den Bauch atmen.“
„Frau Freitag, haben Sie einen Stift?“ Der Lieblingschüler ist einfach cool. Hat noch nicht mal einen Stift dabei.
„Nimm‘ doch von mir!“, bietet Mona ihm an. Mona hat zwei Federtaschen dabei.
Ich überprüfe die Zettel. Gleich werden sie abgeholt. „Was ist den mit Ufuk? Der hat doch auch Prüfung, oder?“
„Der ist noch nicht da.“, sagt Mona, die mit ihren Aufzeichnungen hin und herläuft.
Noch drei Minuten. Plötzlich geht die Tür auf und Ufuk schlendert rein.
„Da bist du ja, Alter“, begrüßt ihn der Lieblingsschüler und umarmt ihn männlich. Mona nickt ihm kurz zu. Jetzt will sie nicht mehr beim Lernen gestört werden.
„Ufuk, du musst noch unterschreiben, ob du dich gesund fühlst.“
„Ach, ich habe gar keinen Stift mit. Brauche ich einen Stift? Ist doch mündliche Prüfung.“ Ich gebe ihm meinen. Als er ihn mir zurückgibt, geht die Tür auf und das Escortteam holt die Prüflinge ab.
„Viel Glück! Das schafft ihr schon!“
„Danke Frau Freitag.“
„Danke.“
„Danke Frau Freitag.“
Mona dreht sich kurz beim Rausgehen zu mir und lächelt nervös. Dann bin ich allein.
Abitur. Puh. Wie die Zeit vergeht. Mona habe ich schon in der siebten Klasse unterrichtet in Kunst und Englisch. Den Lieblingsschüler auch. Und jetzt machen sie Abitur. Crazy, echt crazy. Ob sie bestanden haben, werde ich erst morgen erfahren. Aufregend – heute Nachmittag fängt für die ein neues Leben an. Postschool-life. Für mich fängt heute Nachmittag nur der Nachmittag an.
Ach ja, da kommen eigene Erinnerungen hoch… ich weiß noch, wie das damals war. Das Post-School Life. Ich konnte mir nie vorstellen, dass ich das mal erreiche. Und jetzt? Jetzt dauert es schon 13 Jahre an. So lange, wie ich eigentlich auch zur Schule ging und es kommt mir vor, als wäre es erst gestern gewesen… (Trotzdem, in die Schule mag ich nicht mehr zurück =P)
Liebe Grüsse
MiA
Ja, ich mache auch bald eine mündliche (Nach)prüfung – und zwar in Mathe, heute geschrieben und absolut ins verderben gerissen 😉 Aber für mich war ja schon Postschool-life, bald ist es wieder soweit, mich zieht es einfach immer wieder zurück zur Schule!
Dann Lehrer(in) werden !
yes
Erinnert mich an meine Pruefungen…. uuuuhh uuuhh war das damals eine aufregende Zeit!
Man ja wohl mal träumen dürfen…. lalala ;-P
Ich habe schließlich das „Sie” vorgezogen, weil Schüler gerne so nah wie möglich an den Lehrer rankommen wollen, was zu sehr heftigen und sehr problematischen Verwicklungen führen kann. Und es ist illusionär, daß durch das „Du“ ein elementares Problem aufgehoben wird: Man entscheidet über den Lebensweg von jungen Menschen.
Ich hoffe, es haben alle gute Noten bekommen!
gestern kam der club der toten dichter im fernsehen, zum 100sten male — seltsam, oder? aber mir fielen sofort fr krise und fr freitag ein — wie sie alle auf den tischen stehen und ihnen huldigen 😉
ach ja… lehrerfeelgoodmovie – aber so ist es ja im richtigen leben leider selten – was bekam ich von meiner klasse letztes jahr – nach vier jahre mutti-tum – NICHTS!!!!
So ein Lehrer wie der Keating … der bekäme auch nichts, Frau Freitag! Ihr beide seid einfach zu GUT für diese Welt…höhö
keating meinst du k. harring oder herring oder buster keating (hahaha) oder wer jetzt?
Ich gehörte wohl gefühlsmäßig eher zu den Jungs. Ich war auch sowas von gar nicht aufgeregt.
Zum Glück hatte ich noch nie Prüfungsangst. Und sowohl die schriftlichen als auch die mündlichen Prüfungen habe ich locker (und gut bis sehr gut) gemeistert. Damals… vor vier Jahren.
Glück gehabt! 😀
Mann, wenn ich mich da an meine eigene mündliche Prüfung in Latein Ende der 80er erinnnere – ich war sowas von nervös; wie alle, cool war da ohnehin keiner. Kein Stift dabei? Das wäre uns braven Landeiern niemals eingefallen…
Schau mal Frau Freitag, wer hier unter Punkt 6 gelistet ist:
http://www.bildblog.de/38655/leserkommentare-spremberg-apps/?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+bildblog+%28BILDblog%29
heiderdaus – was für ein schöner blog! (sagt ein abiturloser architekt)
heiderdaus. was für ein schöner blog! (sagt ein abiturloser architekt). und nein – Prozent und Potenzrechnungen kann ich auch nicht!
Oh Mann, wenn ich an die Abiprüfungen denke, ein einziger Horror! Dabei hatte ich damals ganz andere wichtige Dinge im Kopf, Vespa, Mädchen, Party…achach! Na, hat dann trotzdem irgendwie geklappt, auch wenn es im Nachhinein natürlich hätte VIEL besser laufen können. Aber diese Erkenntnis kommt spät (und bringt jetzt auch nix mehr!). Ich drück den wackeren Prüflingen die Dauem!
Wie gut ich diese Achterbahn der Gefühle nachvollziehen kann! 🙂 Bei mir sind die Prüfungen bald knapp 2 Jahre her.
Es ist schon spannend, sich mit ein bisschen Abstand daran zu erinnern, es bei anderen Abiturienten von außen mit zu erleben und sich pseudo-objektiv damit auseinander zu setzen!
Umso spannender fand ich die Erfahrungen, die ich im ersten Jahr meiner (abgebrochenen) Ausbildung und im ersten Semester meines (noch andauernden) Studiums gemacht habe. Obwohl man im Abitur so einige Referate gehalten und eine bzw. DIE mündliche Prüfung abgeleistet hat, ist man vor dem ersten Referat im neuen Kurs/Seminar super aufgeregt, als ob man das allererste Mal ein Referat halten würde. 🙂
Schön, durch diesen Post nochmal daran erinnert zu werden, wie wenig sich nach dem Abitur doch ändert, obwohl man gedacht hat, jetzt würde alles anders werden! 😉
Ich habe gerade auch die Prüfungen durch…die Examensprüfung für das zweite Staatsexamen und ich habe die Hölle überlebt!!! Ich habe in dieser Zeit sehr oft an meine Abizeit gedacht und sie mir zurückgewünscht;-)
glückwunsch!!! jetzt wird alles besser. viel spaß und feiere schön!
Danke schön! Das kann man gar nicht lang genug feiern…nebenbei werden dann die Bewerbungen geschrieben 😉
Ich kann mich nicht erinnern an eine mündliche Prüfung im Abi. Aber das ist auch schon 15 Jahre her.
Seither: 2 abgebrochene Studiengänge, eine abgeschlossene Lehre und 2 Kinder. Dazu eine spiessige Doppelhaushälfte in Nordhessen.
_Das_ hab ich damals wirklich nicht erwartet. Nichts davon.