„Entschuldigung, ich suche Palmin.“
„Da oben.“
Endlich gefunden. Glückshormone breiten sich in mir aus. Wir wollen heute Abend Fondue machen. Der Freund war gestern schon einkaufen. „Hast du alles bekommen?“
„Ja, nur kein Palmin.“ Wie soll man denn ohne Palmin ein Fondue machen? Palmin ist doch eigentlich das Wichtigste. Eigentlich kann man auf den ganzen anderen Krempel den er gekauft hat verzichten. Auf Palmin nicht!
Also ziehe ich eben noch mal los. Zu Kaiser’s. Ein Spaß, der sich dezent in Grenzen hält, denn anscheinend haben die anderen Leute auch alle was vergessen. Ich kaufe noch Senf (extra stark) und Fanta. Vielleicht will ich zur Feier des Tages ein Alster trinken. Dann stelle ich mich an. Dieses ewige Anstehen ist der Grund, warum ich nicht mehr einkaufen gehe. Ich kann das nicht ab – dieses Warten und Stehen. Früher – kein Problem – da stand ich dauernd irgendwo rum. An der Bushaltestelle, vor dem Chemieraum, vor der Disco, vor dem Haus von dem Jungen, den ich gut fand. Heute nervt mich das Rumstehen.
Aber muss ja, muss ja, ich will ja mein Palmin bezahlen. Ich lege alles ordentlich auf das Band und blockiere meine Sachen auch noch vorne und hinten mit so einem Blockierungsteil. Da ich, wie gesagt so selten einkaufen gehe, vergesse ich schon mal zu blockieren und habe schon mehrmals für totale Verwirrung und Stornierungen gesorgt. Heute nicht. Mein Palmin, mein Senf und die Fanta liegen gut getrennt von den anderen Einkäufen vor mir.
Plötzlich hinter mir eine Stimme: „Entschuldigung, ist das Ihr Palmin?“
Ich drehe mich um und denke mich trifft der Schlag. Da steht der Weihnachtsmann. Original der Weihnachtsmann. Mit langem weißen Bart und langen weißen Haaren. Aber nicht in rotem Mantel, sondern in einem grünen Schimanskiparker.
„Ja, das ist meins.“
„Darf ich fragen, warum Sie das kaufen?“
„Ich will Fondue machen.“
„Aber das sind gehärtete Fette, die sind sehr ungesund. Warum nehmen Sie nicht Biskin? Das ist auch viel billiger.“
Biskin-Palmin… ich bin verwirrt.
„Ich…äh… ich nehme immer Palmin.“ Ja, ich bin geradezu überzeugt davon, dass man Palmin nehmen muss. Dass man nichts anderes für sein Fondue verwenden DARF. Ich gucke mir den Weihnachtsmann genauer an. Der Weihnachtsmann kennt sich also aus mit gehärteten Fetten und er riecht komisch. Was soll ich denn jetzt machen? Was ist denn wenn er recht hat? Vielleicht ist Palmin wirklich schlecht. Vielleicht kommt Palmin geradewegs aus der Hölle. Aber die Schlange reicht mittlerweile bis zur Fleischtheke. Ich kann doch jetzt nicht losrennen und mein Palmin gegen Biskin umtauschen.
„Außerdem sind die alle einzeln verpackt.“ Auch da hat er recht. Ich denke nach und gucke zur Verkäuferin. Die rollt mit den Augen und schüttelt leicht den Kopf. Der Weihnachtsmann erinnert mich auch an Balthasar aus Ben Hur gestern. Balthasar hätte bestimmt Biskin mitgebracht als Geschenk. Einen fetten Brocken Biskin hätte er neben die Myrrhe gelegt und nicht dieses fiese einzeln verpackte Palmin…
Die Verkäuferin zieht die Fanta über den Scanner. Greift sich dann die erste Packung mit dem schädlichen Fett. Diese gemeine Schlange. Sie grinst mir aufmunternd zu. Gibt mir nonverbal zu verstehen, dass der Weihnachtsmann spinnt. Will sie etwa, dass ich sterbe? Ich möchte Absolution. Es ist Heilgabend und ich möchte nicht krank werden und meine Geschwister und der Freund, die will ich auch nicht mit dem Palmin töten. Aber keiner sagt was.
„Ich mach nur einmal im Jahr Fondue. Wird schon nicht so schlimm sein, oder?“ Wieder Stille. Ich bezahle. Die Verkäuferin hilft mir sogar mein Palmin in meine Tasche zu stopfen. Vielleicht will ich es aber doch noch umtauschen. Umtauschen gegen das gute Biskin. Zu spät.
Ich gehe zur Brottheke. Der Weihnachtsmann folgt mir. Oh Gott, ich wollte doch noch Baguette kaufen. Was er wohl von weißem Mehl hält?
Frohe Weihnachten euch allen!