Da die – sehr netten—Busfahrer die Strecke noch nie gefahren waren, verfuhren wir uns mehrmals. Auf jeden Fall vermuteten wir dies, denn sie sprachen weder Deutsch noch Englisch. Die ganze verregnete Rückfahrt bestand neben den diversen Passkontrollen aus fahren, warten, rauchen, Kaffee trinken und dem Verzehr diverser Sandwiches. So richtig was zu Essen gab es irgendwie nicht. Natürlich konnte man sich auch mit den anderen Fahrgästen über ihre Reiserouten und anderes unterhalten.
Ich saß ganz gut. Mit meinem Nachbar Ali, der gerade mit dem Bus von einer Beerdigung an der georgischen Grenze kam, unterhielt ich mich über Islamismus, mit dem irischen Pärchen vor mir über Istanbul und mit den beiden Ingenieuren stritt ich mich über das für und wider von Hartz 4. Mit dem Backautomatenvertreter vorne links gab es nicht so viel zu besprechen. Einzig allein hinter mir saß eine arrogante Nervensäge, die glaubte alles besser zu wissen und meinte anderen Anweisungen geben zu können. Benedikt war ein Yuppiestudent aus München mit zugegelten Haaren mit rosafarbenen Lacostepolohemd mit hochgestelltem Kragen und drei blonden Kommilitoninnen mit Blackberrys im Schlepptau, denen er versuchte die Welt zu erklären. Er hatte es besonders eilig wegen eines Praktikumbeginns und war ständig bei den Busfahrern um deren Route zu optimieren. Sie ignorierten ihn. Irgendwann sagte ich ihm, dass ihn niemand zum Reiseleiter ernannt habe. Ansonsten faselte Benedikt von den dekadenten Mensapreisen in Brüssel und seinem Besuch im 100€ pro Stunde-Parkhaus in Moskau mit der Tochter des russischen Präsidenten. Aha.
Ärgerlich war, dass ich während der ganzen Rückfahrt nicht schlafen konnte. Es gibt ja Leute, die können überall schlafen, die winkeln einfach die Beine an und machen die Augen zu. Um mich herum waren teilweise nur solche Leute, die vor sich hin schnarchten. Ich kann so nicht schlafen – und anlehnen konnte ich mich bei Ali ja nun auch nicht wirklich. Deswegen konnte ich echt nur zwischendurch etwas dösen und war die ganze Zeit wach. Nach türkischen, bulgarischen, serbischen, kroatischen, slowenischen und österreichischen Sandwiches und Kaffees und zwei Schachteln Zigaretten war ich dann nach 27 Stunden Fahrt fix und fertig, als wir in München am Hauptbahnhof eintrafen.
Im Vergleich zu Iren, Engländern und Spaniern, die ja gerade einmal die Hälfte ihres Nachhausewegs zurückgelegt hatten, musste ich ja nur noch in den Zug steigen. Ich traf noch die beiden Iren am Ticketschalter, die erfuhren, dass der Schlafwagen nach London wohl doch nicht so ein Geheimtipp wie ihre Iphonerecherche vermuten ließ und noch für eine volle Woche ausgebucht war. Eigentlich wollte ich schwarz fahren, da ich davon ausging das die Züge so voll seien, das keiner kontrolliert. Ein Blick auf den Bahnsteig zeigte, aber das dies nicht der Fall war und ich noch mehr Geld, nunmehr für den ICE, ausgeben musste. Ich traf noch Rashid wieder, der meinte er habe keinen Bock mehr auf Bus und würde jetzt mit einem Mietwagen nach Calais fahren und dann mit der Fähre weiter. Man dachte ich, der ist doch noch mindestens zwei Tage unterwegs.
Im Zug saß ich gegenüber von einem Rentnerpärchen, die aus Ägypten mit einer schrottreifen Maschine nach Wien geflogen sind. Ah, dachte ich, also war Wien wohl wirklich mal offen. Ich merkte wir mir die Augen zufielen und schlief während des Gesprächs ein, bis ich in von den beiden in meiner Heimatstadt geweckt wurde. Eigentlich war ich nun wieder urlaubsreif.
Soviel von mir und meinen drei Tagen Urlaub.