Abooo, warum machen wir nicht richtige Klassenfahrt?

Ich bin soooo müde – die Wetterumstellung, die Klassenfahrt, die Feiertage, das Fernsehen, die Zeit vor den Sommerferien… alles macht mich fertig. Und jetzt soll ich auch noch gleich zum Sport gehen. Ich habe Frau Dienstag bald soweit, dass sie sich auch bei Power Plate anmeldet. Zu Zweit rütteln ist ja auch viel spaßiger, als alleine. Mein Hautbild hat sich ja schon dermaßen verfeinert… ich kann euch sagen… man sollte Power Plate für alle Menschen als Verpflichtung machen – so wie GEZ. Jeder muss drei mal in der Woche da drauf. Pickel und Cellutite würden aussterben, wie Pocken und Pest.
Aber jetzt noch mal zur Klassenfahrt.

Also vorher muss ich vielleicht sagen, dass wir gar nicht so eine normale Fahrt gemacht haben, sondern so eine Erlebnispädagogikfahrt. Vorteil: da gibt es ein festes Programm. Nachteil: da gibt es ein festes Programm.
Leider konnte ich meiner Klasse nicht richtig vermitteln, was das für ein Programm sein wird und wie das ablaufen wird.
„Die machen da so Sachen mit euch. So Übungen und Spiele. Das macht Spaß.“
Günther meldet sich: „Frau Freitag, sind das so Sachen, die Ihnen Spaß machen oder Sachen die UNS Spaß machen?“
„Gute Frage, Günther. Natürlich sind das so Sachen, die EUCH Spaß machen.“ sage ich und stelle mir vor, wie meine Klasse mit mir auf meiner Couch abhängt und von Goodbye Germany zu Die strengsten Eltern der Welt hin- und herschaltet und in den Werbepausen mit Fräulein Krise telefoniert. Das macht mir Spaß. Ich könnte mir kaum irgendetwas vorstellen, was mir mehr Spaß machen könnte, als das. Dabei rauchen und ein paar von den Chips essen, die wir noch vom Grandprix-Gucken über haben.

„Nun wartet mal ab, das wird euch da schon gefallen.“
Überzeugen konnte ich meine Klasse nicht. Als wir dann in dieser Einrichtung ankamen und die Betreuer die Schüler fragten: „Ihr wisst ja sicher, warum ihr hier seid.“ Kam auch prompt: „Klassenfahrt.“

Als ihnen dann mitgeteilt wurde, dass sie den ganzen Tag „was machen müssen“ und nicht 12 Stunden Freizeit haben werden, ging das Gemurre gleich los: „Abooo, warum machen wir nicht richtige Klassenfahrt? Jetzt müssen wir hier arbeiten… hätten wir ja gleich in der Schule bleiben können…“
Ich musste meine Klasse erstmal aufklären, dass richtige Klassenfahrten eigentlich erst in der Achten gemacht werden und sie ja nun das absolute Privileg hätten auch schon in der Siebten wegzufahren. Hauptsache erstmal meckern. Dass die Arbeit wirklich Spaß machen würde und wir sogar zweimal ins Freibad gehen würden, wussten sie ja auch noch nicht. Ich weiss gar nicht, was die Schüler sich eigentlich unter einer „richtigen Klassenfahrt“ vorstellen. Ich erinnere mich an endlose, qualvolle Wanderungen, Besuche in Glasbläsereien und allerlei todeslangweilige Führungen durch öde Altstädte. Aber bitte – können sie haben. Einmal Harz bitte – Bergwerksbesichtigung, Rauf auf den Brocken, runter von Brocken, Wellenbad mit lauter Omis und Opis und keinen richtigen Wellen, Glasbläserei – heiß, laut und langweilig und abends vor der Jugendherberge Tischtennis und verkochtes Gemüse zum Abendbrot.

Oh Mist, Power Plate wartet. Morgen mehr. Mehr zu Alinas Megapickel, wie die Cola zu Alkohol wurde, wie die Schüler endlich merkten, dass ich ein Werwolf bin und wie Hamid feststellte, dass der Nachtisch nicht Fair Trade war.

Allgemein

14 Gedanken zu “Abooo, warum machen wir nicht richtige Klassenfahrt?

  1. Achtung! Achtung!
    Raus aus dem Klassenraum,
    Ob Lehrer, Streber oder Klassenclown!
    Rein in den Schulbus, ab zur Jagd!
    Hurra! Hurra! Es ist Klassenfahrt!
    Das ist kein Ausflug,
    das ist ein Raubzug,
    Dein Bundesland ist in unserer Hand!
    Rein in den Schulbus, ab zur Jagd!
    Hurra! Hurra! Es ist Klassenfahrt!

    LOL!!!!!

  2. Frau Freitag, ich habe mich jetzt auch entschlossen, es mit einer Powerplate Flatrate zu probieren, in drei Monaten ist die Hochzeit einer unangenehmen Bekannten, zu der ich als 13. böse Fee aufzutreten gedenke. Ich hoffe auf das gute Hautbild!

  3. Ich glaube, ich weiß, was die unter einer „richtigen“ Klassenfahrt verstehen – das haben mir vor Jahren die BV-Schüler, mit denen ich nach Sylt gefahren bin (da wollten DIE unbedingt hin, nicht ich) beigebracht.

    Kein Programm, sondern den ganzen Tag chillen, zusammen abhängen, kreischen, gackern, raufen, neue Schimpfwörter lernen, den Herbergsleiter in den Wahnsinn treiben, Tischtennis und Kicker spielen, möglichst auch saufen, rauchen, Mädchen und Jungs aus fremden Gruppen knutschen, idealerweise jeden Abend Disco.

    Das war für diese Truope das höchste der Gefühle.

  4. Genau so, elendige Wanderungen und langweilige Besichtigungen, hab ich die Klassenfahrten auch in Erinnerung. Da hört sich das erlebnispädagogische richtig spannend an!!!

  5. Wie die sich eine richtige Klassenfahrt vorgestellt haben, frage ich mich aber auch. Ich erinnere mich nämlich an Klassenfahrten, auf denen Kultur auf dem Programm stand. Hier eine Ausstellung, da eine Porzellanmanufaktur, dort ein Schloss. Spaß hatten wir trotzdem immer, und den ganzen Tag irgendwo rumhängen ist auch nicht so cool. Ist ja genau wie Schule.

  6. Vorabbemerkung: Ich bin gerade erst über Ihre Homepage gestolpert, weil ich nach dem Titel des zweiten Buches gesucht habe, welches noch kommen soll. Wie toll ist das denn?! Das verkürzt die Wartezeit! =)
    Also auch wenn das jetzt ein ziemlich allgemeiner Kommentar ist (ich finde Sie brauchen ein Gästebuch), aber das tut so gut, endlich mal realistische Geschichten aus dem Leben eines Lehrers zu hören. Ihr Buch wurde zur Pflichtlektüre für meinen Freundeskreis, weil ich auch Lehramt studiere und Lehrer ja angeblich nur einen 1/3 Job hätten…
    Und Ihr Humor ist genial!

    Aber mal zu Ihrem Post. Die Schüler vergessen bei der Klassenfahrt immer gerne, dass die Lehrer die ja auch mitmachen müssen 😀

  7. Genau Frau Freitag, GENAU SO erinnere ich mich auch an meine Klassenfahrten als Schülerin. Wir sind quasi durch ganz Südtirol gewandert, die Berge rauf und runter (ätzend) und dann in der 11 die „Krönung“ , weil unser Lehrer ein Wanderfreak war (Spitzname Turbo-Mountain) im Schwarzwald mit vollem Gepäck von einer Jugendherberge zur nächsten…grauenvoll… mich gruselt es noch heute. Und seither bin ich NIE wieder freiwillig gewandert und diese Erfahrungen mit den Klassenfahrten liegen doch schon ein oder zwei Jährchen *hüstel* zurück….

  8. Lese ich richtig? „Goodbye Germany“ und „Die strengsten Eltern der Welt“? Au weia, Verblödungs-TV der Extraklasse! Aber jeder, wie er mag…

  9. lustig, dass es dieses typische klassenfahrtsprogramm immer noch gibt. harz, st andreasberg, glasbläserei und wellenbad habe ich vor 30 jahren als grundschüler besucht.
    ist der ablauf ein beispiel aus dem lehrer-lehrbuch ‚klassenfahrten‘ 😉 ?

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