Gestern bekam ich einen interessanten Kommentar. Da geht es um UNSCHOOLING. Eine Sache von der noch nie gehört habe:
Bei Unschooling gibt es gar keinen Unterricht, das Kind kann sich frei beschäftigen, und wenn es Interesse an etwas entdeckt, kann es seine Eltern fragen, oder die Eltern weisen es auf ein Thema hin. Das Kind kann somit seinen Interessen frei nachgehen und seine Talente finden und fördern. Selbst in der Oberstufe der so allgemein bildenden Gymnasien hat die Hälfte keine Ahnung, was sie mal werden will — kein Wunder, ist doch der Schulstoff immer auf einige Sichtweisen beschränkt, die Fächer nicht alle frei wählbar und wenn man die Ineffizienz des Unterrichts und Nichtanschaulichkeit des Stoffes (der Stoff bleibt in der Schule und wird in der Praxis nicht verwendet) betrachtet.
Die Kinder von UNSCHOOLING-Fans sollen also gar nicht zur Schule gehen. Äußerst interessant. Ich versuche mir das mal praktisch vorzustellen. Das Kind wird sechs – bleibt zu Hause. Wer passt denn dann auf das Kind auf? Na gehen wir mal davon aus, dass es die Mutter ist, die sich mit ihrer Aufgabe als Hausfrau und Erzieherin glücklich arrangiert hat und der Vater einen Haufen Geld verdient.
Und das Kind geht also zu Hause seinen Interessen nach. Wenn ich mich recht erinnere, dann war mein Hauptinteresse in diesem Alter ganz klar FERNSEHEN. Konsequenterweise dürfte dieses Kind also den ganzen Tag fernsehen – herrlich! Aber ich nehme mal an, dass ein Kind von so engagierten Eltern, die sich mit dem Thema UNSCHOOLING auseinandergesetzt haben, ihrem Nachwuchs schon frühzeitig die Abartigkeit der Glotze beigepult haben. Also hat dieses Kind gar nicht so ein großes Interesse am Fernsehen. Vielmehr sagt es: „Mama, ich sehe immer, dass du und Papa immer soviel lest. Ich will auch lesen. Setzt sich also die Mutter hin und bringt ihrem Kind das Lesen bei. Ein kleiner Schritt ist es da nur, auch noch nebenbei das Schreiben zu lernen. Ganz von selbst kommt dann das Interesse an der Mathematik. Natürliche und unnatürliche Brüche wollte das Kind schon im Krabbelalter kennen lernen.
Jetzt bitte nicht gleich alles falsch verstehen. Ich bin mir sicher, dass das Kind sehr früh seine Talente findet und die zu Hause auch gut gefördert werden können. Allerdings sehe ich nicht, wo die Schule diese Talente zerstört oder so verdrängt, dass Schulkinder nicht mehr wissen, was sie gerne tun oder gut können.
Meine Schüler wissen das ganz genau. Das geht vom schminke, tanzen, rappen, freestylen (ach, seufz), Fußball spielen, shoppen, mit Freunden quatschen, Handy, Klamotten, essen, rauchen, Drogen nehmen, Scheiße bauen, kriminell werden, nicht kriminelle werden, gute Noten bekommen, religiös werden bis noch nicht genau wissen, was man möchte. Diese Talente entwickeln die trotz Unterricht. Manchen hilft der Unterricht dabei sogar. Man denke an die Schüler, die besondere Leistungen und viel Interesse in Kunst, Musik, Mathe oder Sport zeigen. In manchen Klassen entwickeln sich auch wahre Geschichtsfreaks oder Physik Cracks. Ich finde die Schule hat schon ihren Betrag, bei der Förderung von Talenten.
Ich könnte von jedem Schüler, den ich in der Klasse habe genau sagen, was der oder die gut kann. Und natürlich auch, woran er oder sie durchaus noch arbeiten könnte. Ich sehe die Schule allerdings nicht zuletzt als eine Einrichtung, die die Eltern entlastet. Wer möchte denn sein pubertierendes Kind den ganzen Tag zu Hause haben? Ich glaube niemand. Welche Eltern sind nicht erleichtert, wenn die Ferien zu Ende sind?
Trotzdem – UNSCHOOLING – interessant. Klingt allerdings recht illegal. Oder gibt es so was in Deutschland? Dass die Amis das machen, ist mir schon klar und die afghanischen Mädchen haben alle das Glück, ihre Talente selbst zu entdecken. Wäre das nicht eine Alternative? Auswandern nach Afghanistan?