Ein Brief. Ein offizieller Brief mit einem Adressenfester. Finanzamt? Nee, die haben doch immer so Umweltschutzbriefumschläge. Was steht denn da oben, über meiner Adresse in einer 4er Schrift?
Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten. Hähhh? Was ist das denn? Was habe ich falsch gemacht? Welche Ordnungswidrigkeit habe ich denn begangen. Ich zeige dem Freund den Brief. Er hat gar kein Mitleid, sondern verarscht mich nur: „Oh, hat der perfekte Bürger was falsch gemacht? Auwei auweia, kommt die Polizei gleich?“ Der Doofe.
Ich öffne den Brief. Und es ist die Zulassung zur Prüfung zur Ersterteilung der Fahrerlaubnis der Klasse B.
Au Backe, jetzt schon. Ich könnte jetzt morgen die theoretische Prüfung machen. Und dann auch bald die praktische. Ich hatte mit dem Brief so Anfang Februar gerechnet. Jetzt ist mir das noch alles viel zu früh. Ich übe zwar immer ein bisschen mit meiner Führerschein-App. Aber ich hatte noch nie null Fehler und das mit der Brems- und Anhaltewegberechnung, das schiebe ich nun schon Wochen vor mir her. „Das gucke ich mir dann noch mal genauer an.“
Ich gehe zur Fahrschule. Dieter steht schon im Schnee und raucht. „Rate mal, was ich heute bekommen habe!“, sage ich.
„Deinen Zulassungsbrief für die Prüfungen.“
Ich nicke. „Ich weiss aber gar nicht, ob ich schon genug kann.“
„Weisst du was mein Grundschullehrer immer gesagt hat?“
„Nee.“
„Der hat immer gesagt: Was Hänschen nicht lernt lernt Hans nimmer mehr.“
Dann bin ich wohl Hans. Aber was will Dieter mir damit sagen?
„Häh? Was meinst du denn damit? Meinst du ich kann das nicht mehr lernen, oder wie?“
Dieter legt mir großväterlich den Arm um die Schulter: „Mädel. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass man in deinem Alter…“
„Jetzt komm mir nicht schon wieder damit. Das habe ich zur Genüge in der alten Fahrschule gehört. Ich weiss, ich weiss. Ich bin alt und kann nichts mehr dazu lernen. Was heißt dass denn jetzt? Dass ich die theoretische Prüfung nicht machen kann, oder was?“ Langsam nervt mich diese komische Einstellung wirklich.
„Und Dieter, hast du mir nicht neulich erzählt, dass die beiden Jungs die bei dir Fahrstunden nehmen, mit über 25 Fehlerpunkten durch die Theorie geflogen sind? Und das waren ja wohl Hänschens.“
„Die waren faul.“
„Ach, aber die waren doch so toll jung. Ist ja komisch, dass das nicht immer hinhaut, dass die Jugend alles so toll und schnell lernt.“
Später im Auto geht es dann weiter.
Wir sprechen über die Prüfungen. Es stellt sich raus, dass auch junge Leute durchfallen können. Und dann sagt Dieter: Intelligenz hat nichts mit Autofahren zu tun.“ Ich denke: Häh?
„Du meinst Autofahren hat nichts mit Intelligenz zu tun:“
„Nee, nee, Intelligenz hat nichts mit Autofahren zu tun. Es gibt Airbuspiloten, die sehr sehr schlechte Autofahrer sind.“
Jetzt kann ich gar nicht mehr folgen. Es gibt bestimmt auch sehr intelligente Leute, die nicht Airbusse fliegen. Vielleicht nicht mal Auto fahren und ist jetzt der Airbuspilot der Inbegriff von Intelligenz? Und gibt es da erwiesene wissenschaftliche Untersuchungen?“
Ich rolle an die Ampel. Wie sagt Dieter immer: „Erst halten, dann schalten.“ Und: „Mensch Mädel, du sollst nicht denken. Du sollst einfach machen was Dieter dir sagt.“ Na gut.
Oh man, Frau Freitag. Als ich so lange dabei war wie Du, hatte ich schon das erste Fahrverbot… Jetzt halt‘ Dich mal ran! 😀
Man lernt auch mit 40 noch gut und später auch. Jetzt einfach ein paar Stunden die Fragen üben das geht!! Wirklich, einfach ein bisschen auf die Zähne beissen!
Neues Lernen geht bis zum Sterbebett. Zähne zusammenbeissen, oder auf gut Schweizerisch „Arschbagge zämmechlämme“ und gleich ein paar Stunden Theorie büffeln, dann sitzt der Stoff!
Sag mal Frau Kollegin, wie kommt das, dass du immer solche „originellen“ Fahrlehrer hast, die so einen Müll zusammenreden? Außerdem was soll das heißen erst halten dann schalten? Normalerweise geht das so: Kupplung treten, Gang raus, Ranrollen, Bremse treten und dann steht man halt. Ansonsten wird nämlich der Motor abgewürgt.
Aber irgendeinen Spruch haben die wohl immer. Meiner sagte stets: „Ein guter Kraftfahrer schaltet viel, bremst wenig.“
Keine Angst, ich habe meinen Führerschein auch erst mit 39 gemacht.
In der Theorieprüfung 0 Fehler im 1. Anlauf, gut die Praktische dann im 3. Anlauf.
Aber lass dich nicht niedermachen. Weißt du, wie der andere Fahrlehrer ist, der die Anderen von Dieter nahm? Vielleicht kannst du den ja bekommen.
Liebe Frau Freitag,
du tust mir leid. Echt! Alle meckern über dein Alter und die damit verbundene fehlende Lernfähigkeit rum. Soll ich dir mal was sagen? Meine Ma hat mit 60 angefangen, das Abi nachzumachen, war mit 64 damit fertig und hat dann an einer Uni Pädagogik studiert, das Studium hat sie mit 70 abgeschlossen – mit ner 2! Das ist alles wahr! So viel also zur Lernfähigkeit von Leuten im fortgeschrittenen Alter! (Dieter würde aber argumentieren, dass sie das nur geschafft hat, weil sie mit 25 erst den Führerschein gemacht hat….)
Du steckst sie doch alle in die Tasche! Ich glaub ganz fest an dich. Lass dir nichts einreden, Auto fahren ist wirklich pille-palle!!!!
Hut ab vor deiner Mutter. aber wurde sie auch noch verbeamtet?
Meine Ma hat damals schon nicht mehr gearbeitet, davor war sie als „Senioren-Beraterin“ bei einer Kommune angestellt. Nach dem Diplom hatte sie mal gar keine Lust mehr auf Wissenschaft – musste dann aber meine Diss durchlesen (die Arme, aber sie wollte ja eine Tochter mit Dr. – also selber schuld…). Eigentlich hätte ich ja gerne, dass sie auch noch promoviert, aber ihr Studium ist schon wieder 10 Jahre her und jetzt will sie nur noch ihren Ruhestand genießen… (Das darf sie jetzt aber auch!)
Warum hast du eigentlich immer so „originelle“ Fahrlehrer? Das Halten geht doch so, Gas weg gleichzeitig Kupplung treten, dann rollt man noch ein Stückchen, tritt dann die Bremse und schon steht man – ganz einfach.
Aber irgendeinen Leitsprch haben Fahrlehrer immer, meiner sagte z.B.:
„Ein guter Kraftfahrer schaltet viel – bremst wenig!“ oder gerne auch „Wenn wir die Augen nicht aufmachen, müssen wirs Portemonnaie aufmachen!“
sehr schön.