„Warst du schon auf der Autobahn?“, fragt Mike. Mike sitzt neben mir und ich fahre. Der Kunde ist König, dachte ich. Wenn Harald immer so doof ist, dann tausche ich den einfach um. Fahrschulen gibt es ja wie Sand am Meer. Und diesmal werde ich auch mich besser verkaufen.
„Guten Tag, ich möchte einen Führerschein machen.“
„Wie alt sind Sie denn?“
„25. Ich weiss, ich sehe sehr viel älter aus. Schlechte Gene, kann man nichts machen.“
Mike will wissen, bei welcher Fahrschule ich war. Ich sag es ihm nicht. Ich will Harald nicht schlecht machen. Spreche von falscher Chemie und gutem Willen. Mike verkauft sich hervorragend. Fahrlehrer sei sein Traumjob. Bei ihm sei noch niemand durchgefallen und eigentlich sei es eher hinderlich, wenn man zu viele Fahrstunden nehmen würde. „Ist doch nur Autofahren.“, sagt er immer wieder, während wir fahren. Für Harald ist jedes Linksabbiegen eine Operation am offnem Herzen. Für Harald ist Schalten eine Wissenschaft für sich, die nur Auserwählte erlernen können. Auserwählte wie er. Harald ist zwar stolz, dass er so gut Autofahren kann, aber er ist auch traurig. Ich weiss nicht, warum er traurig ist, aber seit ich neben dem fröhlichen Mike sitze, sehe ich, dass Harald irgendwas hat. Vielleicht wurde er von einer älteren Frau verlassen und ich erinnere ihn an diese ältere Herzensbrecherin. Wenn Harald zu mir ins Auto steigt, dann nimmt er diese Traurigkeit mit. Dann wabert die im Auto rum und ich werde sofort auch depressiv. „Das wird noch sooo lange dauern, bis du richtig fahren kannst.“ und ich denke dann: „Oh Gott, krass, wenn ich das überhaupt jemals schaffen werde.“
Mike, die Spaßkanone dagegen, bringt die Party mit ins Auto: „Ist doch nur Autofahren“. Und ich denke: Lass mal morgen zur Prüfung anmelden. Ich pack das schon.
Zwei Fahrlehrer – zwei Welten und ich immer links daneben.
„Autobahn, nee, bin ich noch nie gefahren.“
„Na, dann fahren wir jetzt Autobahn.“, sagt Mike und eine Minute später düse ich mit 80 Sachen über den Highway. Harald, guck dir das mal an!!!
Morgen gehe ich wieder zu Harald. Vielleicht ein letztes Mal. Zwischen Harald und Mike – Frau Freitag, du musst dich entscheiden. Wer wird dein Herzblatt sein? Auf jeden Fall frage ich Harald morgen: „Sag mal, wann fahren wir eigentlich mal auf die Autobahn?“

BITTE fotografier das Gesicht von Harald in dem Moment!
Nur unsere Schüler, die haben keine Wahl, die müssen alle Lehrer nehmen, wie sie sie kriegen…
Siehste! Bin ganz erleichtert, dass Ihnen nicht ein Fahrlehrer die Lust am Fahren verdorben hat
Bei mir hat ein Fahrlehrerwechsel auch Wunder getan. Von gespannter Stimmung, absolut kein Bock mehr und „mindestens noch 6 Übungsstunden vor der ersten Pflichtstunde“ zu „wie du warst noch nicht auf der Autobahn? Dann wandeln wir diese Übungsstunde mal zu einer Autobahnfahrt um“, total viel Spaß beim Fahren und 2 Wochen später den Lappen in meiner Hand.
Nur Mut, Frau Freitag, es kann sich wirklich lohnen!
💪💪💪YES !
Wirklich? Gewechselt? Find ich gut, ein Fahrlehrer erbringt eine Dienstleistung, die eben nur darin besteht, einem Schüler das Fahren beizubringen und das hat er in einer angemessenen Zeit so zu tun, dass der Schüler allein und könnend im Straßenverkehr hinter einem Lenkrad alle Herausforerungen meistert. Dafür wird er bezahlt und wenn er das nicht hinkriegt – weg mit Schaden. Diese Einstellung: „Du lernst das nie“ konterkariert im Prinzip das, was den Fahrlehrer ausmacht. Viel Erfolg weiterhin, Sie schaffen das !!!