Heimliche Pralinen

„So Kinder, jetzt beeilt euch mal, klingelt gleich.“ Plötzlich leises Murren, dann lauter Protest: „Wir sind keine Kinder! Wir sind Erwachsene.“

Ab heute spreche ich also meine Klasse so an: „He, ihr Erwachsene… macht mal so und macht mal so nicht.“
Unterricht müssen sie aber erst wieder lernen. So eine Woche Ferien haut ja echt rein. Irgendwie haben die heute die ganze Englischstunde meinen Unterricht regelrecht ausgebremst. Wir lesen einen langweiligen Text. Sie hören nicht zu. Unterhalten sich, und wie so Kleinkinder, plappern diese Erwachsenen alles raus, was ihnen gerade in den Sinn kommt. Anstrengend.

Ich unterrichte die schon auf so einem niedrigen Niveau, dass ich die ganze Stunde flach auf dem Boden liege. Ach, aber ich muss hier auch nicht meckern – ich war ja auch nicht gerade bombenmäßig vorbereitet und kam mit dem Klingeln im Schulgebäude an. Nun ja.

Unspektakulärer Unterricht war das heute. Brauche ich also auch nicht drüber zu schreiben.
Aber dann gehe ich ins Lehrerzimmer und da finde ich in meinem Fach eine Schachtel Pralinen. Einfach so. Ohne Zettel. Ich schreie laut: „Ohhhh, eine Schachtel Pralinen.“ Niemand beachtet mich. Habe ich einen heimlichen Verehrer? Oder ist die von den Neuen, dafür, dass ich sie gestern durch die Schule gescheucht habe? Eigentlich hätte ich lieber einen heimlichen Verehrer. Aber wer sollte das sein? Ich mag meine Kollegen. Aber gibt es da einen von den Herren, den ich besonders gut finde? Nein. Definitiv nicht.

Au Backe, wenn die Pralinen nun von einem Kollegen sind, der heimlich in mich verliebt ist… und der offenbart sich mir irgendwann und ich will das gar nicht…. oh Gott, dann muss ich dem einen Korb geben. Und das wäre ja auch nicht leicht, weil der Kollege dann ganz traurig wäre. Und unser Verhältnis wäre definitiv gestört. Oh nein! Ich will das nicht! Weg mit dem heimlichen Verehrer! Behalte deine Liebe für dich!

Allerdings… wer sollte mich schon gut finden? Wie ich schon mal erwähnte – ich sehe aus wie Freddy Mercury und auf dem Kopf wie Homer Simpson. Wer steht denn auf sowas? Nur Perverse. Oh nein, mein heimlicher Verehrer ist pervers. Oder das ist nur so ein Spaß von meinen Kolleginnen, die sich denken, der Frau Freitag, der tun wir mal Pralinen ins Fach und dann glaubt sie bestimmt einer hier findet sie gut.

Oh ich Arme… keiner findet mich gut im Lehrerzimmer! Nur weil ich so wenig Haare habe – voll gemein. Warum liebt mich keiner? Warum verehrt mich keiner heimlich.

Ich werde die Pralinen essen. Einsam und allein auf der Couch – davon sehr dick werden und weinen.

Allgemein

21 Gedanken zu “Heimliche Pralinen

  1. ich hatte diesen Text schon am Dienstag geschrieben, aber vergessen ihn freizuschalten. Hat mich schon gewundert, dass ich gar keine Kommentare bekomme. Also jetzt mal los!

  2. Na, Frau Freitag, das nenn ich „Fishing for compliments“- Freddie Mercury und Homer Simpson … Phhh! Aber wenn du morgen wieder Pralinen hast, dann teil mal!

  3. Irgendwie bin ich irritiert. Bewerten Lehrer sich gegenseitig wegen dem Aussehen?
    Da gibt es doch andere, bessere Kriterien, wie den gegenseitigen Umgang.
    Und die Wichtelüberraschung, die war vielleicht für jemand anderen? Oder es wollte ihnen einfach einmal jemand eine Freude machen und outet sich nicht, weil er nicht gleich ein Gegengeschenk will?

  4. hm… auf deine klasse bezogen: also wenn ich unser kollegium manchmal so beobachte auf einem haufen, dann benehmen die sich auch nicht anders als die kinder und das kollegium besteht aus erwachsenen. warum sollte man von einem haufen kinder erwarten, was erwachsene nicht können. falls du verstehst was ich meine.
    lass dir die pralinen schmecken! mir könnte auch mal jemand sowas ins fach tun. einfach so….
    liebe grüße,
    jule*

  5. … und wenn der edle Spender jetzt ein ehemaliger Schüler war, der noch eine Rechnung offen hatte und die Pralinen vergiftet hat? Könnte man darsaus nicht einen neuen Krimi… ? Guten Appetit!

  6. Dienstag-Pralinen? Ich lese das jetzt einen Tag vor dem sog. „Tag der Liebenden“. DAS hätte der These von dem heimlichen Verehrer viel mehr Sinn gegeben. Oder nach dem Spin dieser Woche: einer der neuen Kollegen hat die reingelegt, ums sich für die Schulführung zu bedanken. Der Zettel – bestimmt ein rosa Post-it – hat Frau Dienstag wahrscheinlich heimlich entfernt.

    Ich meine mich vage an eine Geschichte darüber zu erinnern, den Inhalt der Fächer ein bisserl zu mischen: Klar, die Pralinen gehören eigentlich Herrn Schmidt … (der Müller bestimmt).

    Mir wäre der heimliche Verehrer mit den Pralinen vor dem Valentinstag lieber gewesen …

  7. ich war mal bei einer lesung von ihnen und dem frl…und mal ganz ehrlich: wenn in ihren büchern nicht ihr geburtsjahr stehen würde, hätte ich sie so anfang bis mitte dreißig geschätzt- nix mit homer und freddie (es sei denn das waren gar nicht sie sondern jemand den sie vorher an ner ecke dazu überredet haben ihr buch vorzulesen).

    • für die lesungen stehen mir eine ganze armee von frau freitag doubles zur Verfügung. Vor allem welche mit haaren. die werden vom verlag gestellt. 🙂

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