Wie ein Kuseng

„Frau Freitag, Frau Freitag, kommen Sie schnell!!!“ Dilay, Elena, Katarina und Suzan fangen mich an der Treppe ab. Es hat gerade zur Pause geklingelt und ich will ins Lehrerzimmer, vorher aufs Klo, mir dann einen Kaffee holen und schließlich und endlich eine Zigarette rauchen.
Die Mädchen laufen aufgeregt vor mir. Suzan mit leicht aphatischem Blick.
„Jetzt mal langsam ihr Süßen, was ist denn los?“
Alle gucken zu Suzan, die anscheined am Besten weiss, worum es geht.
Suzan: „Frau Freitag, vor der Schule ist ein Mädchen von meine alte Schule und sie will mich schlagen.“
Schlagen???? JEMAND WILL EINS MEINER MÄDCHEN SCHLAGEN???? Eine Schulfremde??? Wo ist die Schlampe? Die greif ich mir!!! Niemand schlägt MEINE Mädchen!!!!
Mein Kamm schwölle an, wäre ich ein Hahn. So verschnellert sich wenigstens mein Schritt und mein System schaltet auf: ANGRIFF.
Ich haste über den Hof, die Mädchen stolpern hinter mir her und erklären mir die Hintergründe: „Sie hat mich schon in der Grundschule immer geärgert und gestern hat sie auf Facebook geschrieben: warte nur heute schlag ich dich. Und jetzt ist sie draußen vor dem Tor.“
„War sie hier in der Schule?“
„Ja, vorhin war sie auf dem Hof.“
Kurz vorm Tor drehe ich mich konspirativ zu den Mädchen: „Welche ist es?“
„Die mit dem roten T-Shirt und den langen Haaren, da hinten.“ Ich sehe sie und denke: Na warte!!!
„Paßt auf. Ich regele das. Ihr wartet hier.“ Zu Suzan: „Mach dir keine Sorgen, die tut dir nichts.“ Zu den anderen: „Kümmert euch mal um Suzan.“ Unnötig diese Aufforderung, denn das hätten sie sowieso getan.

Terminator-Teacher-Woman verläßt den Schulhof. Das Opfer fest fixiert. Sie steht an der Straße und gackert mit anderen Mädchen rum. Ich stelle mich genau neben sie und starre sie unfreundlich an.
Als sie mich bemerkt spreche ich sie direkt an: „Du warst eben in dieser Schule. Stimmt’s?“
Die grinst noch: „Ja.“
„Du gehst aber nicht auf diese Schule.“
Ihr Grinsen verschwindet langsam: „Nein, äh, ich wollte die eine Lehrerin besuchen.“
„Welche?“
„Ich weiss nicht wie die heißt.“
Ich warte kurz, dann zische ich leise: „Erzähl mir mal jetzt keinen Mist! Du warst in der Schule und du hast Suzan bedroht.“
„Hähhhhh???“ sie versucht die Unwissende zu mimen. Aber nicht mit mir Baby.
„Pass auf: Du wagst dich noch EINMAL in die NÄHE von Suzan oder guckst auch nur in ihre Richtung und ich erstatte eine Anzeige bei der Polizei wegen Bedrohung. Ich weiss wer du bist!“
Sie guckt irritiert.
„Du weisst was eine Anzeige ist?“
Sie nickt.
„Also haben wir uns verstanden? Du hälst dich von ihr fern, sonst bist du dran.“
Sie nickt wieder. Ihre Freundinnen gucken betreten zu Boden. Mission erfüllt. Ich lasse sie stehen und gehe zu meinen wartenden Mädchen.
„So ihr Süßen, alles erledigt. Jetzt geht mal zum Unterricht.“ Ich lege kurz den Arm um Suzan und beuge mich zu ihr runter: „Die macht nichts mehr, da brauchst du keine Angst zu haben. Und wenn die dir noch einmal schreibt oder dich anspricht, dann sagst du mir sofort bescheid. Okay?“
„Sie lächelt, nickt und rennt dann hinter den anderen her. Ich gehe ins Lehrerzimmer und fühle mich großartig. Lehrerin sein fetzt echt!

Allgemein

20 Gedanken zu “Wie ein Kuseng

  1. Eine Lehrerin besuchen zu wollen, deren Schule man nicht besucht und deren Namen man nicht kennt – ist eine Oscar reife Glanzleistung. Das tut echt weh.

    P.S. A Terminator-Teacher-Woman hätte ich zu meiner Schulzeit auch gerne haben wollen 🙂

    ~Anja~

  2. Ich habe mich köstlich amüsiert (was zur Zeit ein bisschen schwer ist wegen Trennung nach 21 Jahren), das Sie es immer wieder schaffen mich zum lachen zu bringen……kann mich nur bedanken, (bitte) weiter so.

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