Kriegserklärung

Heute sind sie dran. Ich lasse mir doch nicht von diesen kleinen Ratten den ganzen Unterricht kaputtmachen. Drei Leute zerstören systematisch seit Wochen den Unterricht in der garstigen Achten Klasse, die ich seit Schuljahresbeginn unterrichten muss. Eigentlich ist der Rest der Klasse recht harmlos und langsam denke ich, dass die Garstigkeit dieser Gruppe alleine von den drei Quertreibern kommt. Die kommen doch schon mit der Absicht in den Unterricht, alles kaputt zu machen. Aber das hat jetzt ein Ende! Heute schlage ich zurück.

Sie kommen rein. Die drei Deppen (Hamsa, Enes und nennen wir den dritten mal Kufa). Mit Enes – „Chill mal dein Leben“ – habe ich ja schon seit August Schwierigkeiten – wie auch alle anderen Kollegen. Deshalb hatte er auch neulich eine Sitzung und jetzt hält er eigentlich verhältnismäßig die Füße still. Aber dafür proben die anderen beiden den Aufstand.

Gestern: „So, guten morgen. Enes, Hamsa, Kufa, zieht mal eure Jacken aus und nehmt eure Bücher und die Workbooks raus. Ich werde jetzt erst mal kontrollieren, wer sein Arbeitsmaterial dabei habt. Fatma, okay, Halid, okay, Sandy, okay, Kufa – kein Buch, ach so, okay, also doch ein Buch, Enes, okay, Hamsa, wo ist dein Buch, aha und jetzt soll bitte Kufa noch mal sein Buch hochhalten und Enes auch. Aha, ein Buch und das gehört euch dreien, ja? Okay, Kufa und Hamsa also ohne Buch. Hamsa, zieh‘ jetzt bitte deine Jacke aus. Ich habe das gerade schon gesagt.“

„Aber mir ist kalt.“
In meinem Raum sind es bestimmt 30 Grad. Alle Heizungen laufen auf voller Pulle. Außerdem haben bereits drei andere Kindergruppen ihre Körperwärme dagelassen.

„Hier ist es nicht kalt. Zieh die Jacke aus.“
„Aber ich habe nur eine Weste unter. Mir ist kalt.“
Jetzt mischt sich Enes ein: „Er muss die Jacke nicht ausziehen.“
„Ach, muss er nicht, ja?“
„Nee, muss er nicht.“
„Enes, das geht dich doch jetzt gar nichts an. Hamsa, zieh jetzt die Jacke aus.“

Hamsa bewegt sich nicht. Er bleibt in seiner Jacke hocken und grinst siegessicher. Das sieht Kufa, den ich mit Müh und Not dazu bringen konnte sich nicht neben Hamsa zu setzten. Kufa hatte seine Jacke bereits ausgezogen und über seinen Stuhle gehängt. Jetzt nimmt er sie, grinst zu Hamsa und zieht sie wieder an. Das ist ja wohl die Höhe! Na wartet ihr Bürschchen. Nicht mit mir. Ihr wollt Krieg, könnt ihr haben. In meiner Pause setzte ich mich an den Computer:

…leider muss ich Ihnen mitteilen, dass Ihr Sohn Hamsa sich äußerst respektlos und anmaßend mir gegenüber benimmt…. blah blah blah und wenn sich das nicht sofort verbessert, sehe ich mich gezwungen, Sie zu einem persönlichen Gerspräach…. mit freundlichen Grüßen…

Schnell kopiert und in die Schülerakten und die Originale weggeschickt. In der Mittagspause sehe ich Hamsa und Kufa auf dem Hof. Im Vorbeigehen sage ich, dass ich ihre Eltern informieren werde.

„Oh nein, bitte, letzte Chance, bitte.“ Kufa windet sich vor mir „Bitte, wenn ich in der nächsten Stunde, ich versprechen Ihnen…“
Pah, ich gehe einfach weiter.
Wollen doch mal sehen, wer hier wen fertigmacht und wer am Ende die Jacke anbehält.

Allgemein

56 Gedanken zu “Kriegserklärung

  1. Liebe Frau Freitag,

    länger schon lese ich ihr Blog und fand es lange ziemlich super, aber jetzt habe ich ein wenig den Eindruck, dass Sie sich einen Schützengraben gegraben haben und dann hineingefallen sind.

    Warum darf der Junge denn seine Jacke nicht anbehalten? Gut, mag man unhöflich finden, aber kann man das nicht entsprechend kommentieren und stehen lassen? Man muss nicht alles ausfechten, oder? Dass der Kollege Rebell dann mitmacht, wenn sein Freund Stress kriegt wegen einer Regel, die er nicht einsieht, find ich dann fast sympathisch …

    Und warum darf man nicht einmal in der Pause telefonieren? Und und und …

    • weil in einem Klassenraum der Lehrer die Regeln macht und die Schüler sie einzuhalten haben. So wird auf einfachsten Niveau Disziplin gelehrt und gelernt.

    • Nein, man muß nicht alles ausfechten. Man kann auch einfach alles mit sich machen lassen. Aber: Schüler riechen Schwäche beim Lehrer. Wir wußten damals auch ganz genau beim wem Lernen angesagt war und bei wem Unterricht und Pause gleitend ineinander übergehen konnten ohne dabei Streß in Form von Tadeln oder schlechten Noten zu bekommen. Und selbst wenn die Softies dann doch mal versucht haben, sich durchzusetzen, war das eher putzig als respekteinflößend. Und ich spreche von gymnasialer Mittel- und Oberstufe vor 20 Jahren.

  2. … ach ja, und: Warum sagen Sie dem Jungen denn nicht einfach, was ein feuchter Traum ist? Der scheint seine Frage doch ernst zu meinen. Dass dann einer provozierend nachzieht, wenn er merkt, dass Ihnen solche Fragen unangenehm oder peinlich sind (denn das signalisiert die Nicht-Antwort doch), ist doch fast klar.

    • mir ist das nicht peinlich – sondern lästig. wenn ihn das so interessiert, dnn wird er es schon erfahren. die antwort stört meinen englischunterricht.

      • Dann is doch einfach … „In English, please.“

        Und die Antwort dann natürich auch.

        Entweder wird’s langweilig … oder sie lernen Englisch :-p

  3. Man sollte seine Schüler nicht so fertig machen.Wenn er die Jacke anbehalten will soll er es doch machen.Was ist daran bitte falsch?Nach einiger Zeit wird er sie sowieso ausziehen.Sie haben ihren Schülern nicht zu sagen, dass sie die Jacke ausziehen sollen.Ich finde ihren Blog nicht gerade überzeugend.Deshalb werde ich bestimmt nicht der Erste sein dem diesem Blog gefällt.Aber ich fand interessant was heutzutage in den Schulen los ist.Ich finde es überhaupt nicht toll wie sie die Kinder fertigmachen.Ich fand es trotzdem lustig wie sich ihre Schüler benehmen.

  4. Das interressiert die Eltern von Kufa, Enes & Co ????? Die Eltern von Hurrican, Tornado, Taifun & Co interressiert das einen Sch…! Die haben überhaupt keinen erzieherischen Einfluß und das Jackenthema im Winter grrrrrrrr!

    • erfahrung oder vermutung? jedes elternteil interessiert es, wenn die schule schreibt – weil das mal echt nervt. damit muss man sich irgendwie auseinandersetzen. wenn es sein muss komm ich ja auch auf ’nen tee vorbei.

  5. Großartig! Vielen Dank für das wunderbare Degenhardt Lied, gerade jetzt! Ich habe heute morgen, als ich von seinem Tod hörte, genau an diesen Song gedacht, danke!

  6. Bei uns läuft das ja nach dem Motto: Jacke aus dem Raum. Und wer das nicht macht, der hat sie halt die Stunde über an. Das Gejammer ist groß, dass ihnen zu warm ist, aber tja… Pech.

  7. Also ich würd ja jetzt gerne noch einen Kommentar abgeben, so vorm Schlafengehen. Aber außer, dass ein S in der Überschrift fehlt fällt mir gar nix ein. Bin immer noch für den Streik, mir fällt aber kein guter Grund ein. Vielleicht…..unzumutbare Arbeitszeiten, schlechter Kaffee……seelische Grausamkeit…ich denke noch nach.

  8. Liebe Frau Freitag,
    Eigentlich lese ich den Blog nur wegen der Kommentare – uff – There isn’t anything. Sind denn alle bei Fräulein Krises Versammlung? Krieg am Dienstag ist auch nicht wirklich schön, das ist eher was für Montag. Manchmal hilft es auch, das Handy rauszuzücken und Mami live im Unterricht anzurufen.“Bitte Frau … sie sind doch die Expertin für die Erziehung ihres Sohnes. Er weigert sich die Jacke auszuziehen, AM hat er auch nicht mit. Sagen sie mir bitte, was ich machen soll.“

  9. Kann mir bitte mal jemand erklären, was so reizvoll daran ist, im Innenraum Jacke zu tragen? Selbst bei 21 Grad ist es unangenehm – und gerade in der Pubertät schwitzt man. Schon aus Emissionsschutzgründen sollte das Jacketragen im Klassenzimmer verboten sein.

    • Ich kann mir nicht denken, dass Jacketragen im Klassenzimmer irgendwie reizvoll ist … und deswegen würde ich auch davon ausgehen, dass die Jungs das irgendwann lassen, wenn man ihnen nicht die Gelegenheit gibt, damit Rebellentum zu signalisieren.

      Gut, ich hab die Praxis noch vor mir und rede aus der Sicherheit der Uni … aber ich nehme mir vor, mir die Kraft für die unvermeidlichen Pubertäts- und sonstigen Kämpfe für wichtigere Sachen aufzuheben. Die Bücher aus dem heutigen Blogbeitrag wären da ein viel besseres Beispiel. Das Arbeitsmaterial für den Unterricht da ist, muss man durchsetzen, das sehe ich ein.

      • leier irrst du da. wenn man nichts gegen die jacken tut, dann sitzt die halbe klasse von oktober bis märz in wintermäneln rum. das sind die wichtigen pubertätssachen. das ist mindestens genau so wichtig, wie bücher mithaben.

      • Tacitus schreibt sinngemäß, daß die Germanen Kälte und Hunger leicht wegstecken, nicht aber Hitze und Durst.
        Die Lampuken dagegen mögen es halt, bei 40°C im Burnus oder dergleichen Wandelsäcken herumzuschleichen…

    • @ lebt in Belgien: Also ich kann Fr. Freitag gut verstehen und finde es richtig gleich durchzugreifen. Wenn Sie erst einmal Praxis-Erfahrung haben, werden Sie sehr schnell feststellen, dass das kleinste Nachgeben schnell außer Kontrolle geraten kann. Vor allem geht es hier schlicht und einfach um Respekt!
      Mir tat damals ein Lehrer leid, denn der war auch „zu nett“ – Ende vom Lied: Er wurde aus dem Fenster gehangen und einmal auch in einen Klassenschrank gesperrt. Die meisten Schüler hatten jeglichen Respekt vor ihm verloren und wenn ich ehrlich bin, saß ich in seinem Unterricht auch im Klassenzimmer auf der Fensterbank und hab geraucht obwohl ich eigentlich eine „pflegeleichte“ Schülerin war.
      Es heißt nicht ohne Grund „Wehret den Anfängen“ 😉

  10. Ich finde auch, Frau Freitag, Was haben Sie sich so! Lassen Sie sie doch inner Jacke sitzen, am besten noch die Tasche auf dem Schoß und das Händy In der Hand. Nach der Pause ist schließlich vor der Pause….

    • Irgendwie kann ich jetzt nicht auf den Beitrag amtworten, auf den ich möchte. Ich finde die Antwort (was so reizvoll ist an Jacke an) wirklich spannend. Die Pubertierenden im schönen Belgien tragen NIE Winterjacken. Auch nicht draussen. Auch nicht bei Minusgraden. Jacken sind total uncool. Heute z.B. Habe ich gesichtet: KApuzenswestshirts, ungefütterte Jeansjacken, Strickmäntel mit großen Löchern (die jungen Damen), höchstens mal ein ärmelloses Daunenwestchen bis zur Taille. Und häufig keine Socken.

      • Ärmellose Tops! Heute gesehen! In Norddeutschland! Jacke in der Hand. 3 Grad. Und einer in kurzer Sporthose und T-Shirt aufm Fahrrad, zu faul zum Umziehen? Oder cool-sein-wollen?

      • Also wechseln die zwischen frieren und Hitzewallungen. Könnte ja sein. Dann wäre das aber doch fies, dass sie die Jacken ausziehen müssen.

  11. Ich bin sicher nicht jemand der ständig die errungenschaften des christlichen abendlandes hochhält…weil das alles auch ein ziemlich großer quatsch ist…
    aber zusätzlich zur rein physischen sinnlosigkeit ist es doch auch zeichen des fehlenden respekts und der eigenen einstellung zum eigenen beitrag für eine erfolgreiche bildungslaufbahn „wie auf gepackten sachen“ zu sitzen und den unterricht als unbequeme zwischenstation zwischen kleiner pause und hofpause abzustempeln…

    Wir wünschen diesen Kindern doch alle , dass sie sich soweit in die Gesellschaft eingliedern, als dass sie zumindest die grundlegenden Fähigkeiten erwerben um später für sich und andere sorgen zu können!?

    Tut mir leid, dass ich so gefühlsdusselig bin, aber mich nervt in letzter zeit diese „ach lass ihn doch, er wird’s schon noch irgendwann lernen“-einstellung….

    • „Ach, lass ihn doch…“ hat auch die Nachbarin immer gesagt, wenn ihr Mann ihren Sohn schimpfen wollte, der andere Leute mit der Schneeschaufel gejagt hat. Wüsste gerne, was aus dem geworden ist. Vielleicht sitzt er in Frau Freitags Klasse (;

  12. Frau Freitag, diese Schlacht sollten sie schlagen. Territorialverhalten („Wer was in meinem Klassenraum trägt oder auszieht bestimme ich!“) ist bei pubertierenden Buben von enormer Bedeutung, wenn man auch nur eine klitzekleine Chance erhalten will, ihnen irgendetwas beizubringen. Dazu muss man nämlich erstmal ihren Respekt gewinnen. Und dazu –> siehe oben. Ist albern, aber entwicklungsbedingt leider nicht zu verhindern.

      • Nicht die einzige. Aber die einzige, die man auf Dauer durchhält, wenn man länger als ein paar Jahre Vollzeit arbeiten möchte. Selbst am Gymnasium im achsoheiligen Bayern auf dem Lande.

      • Ich denke, dass du es erleben wirst. Wenn man am Anfang ein paar Sachen laufen lässt, weil man denkt, dass es das Gedöns nicht wert ist, geht es sehr schnell abwärts. Die, die jetzt die Jacken anbehalten, probieren morgen etwas aus, das mehr stört, andere ziehen mit und man kriegt endloses Gequengel: „Aber Kufa durfte gestern die Jacke anbehalten, und ich will doch nur auf meinem Händy schauen, wie spät es ist. Das ist so ungerecht!“ Und so weiter. Das frisst unheimlich viel Energie, wenn man das halbwegs wieder hinkriegen will.

        Frau Freitag, passt schon!

  13. Das ist überhaupt keine Sache von Rebellentum oder typischen pubertären Grabenkämpfen oder persönlichem HItze- und Kälteempfinden (ha!), sondern eine Sache von Respekt. Den die meisten dieser entzückenden Mäuschen für sich p e r m a n e n t einfordern. Dann dürfen sie gefälligst auch lernen, ihn anderen entgegenzubringen…und sei es Lehrern!

  14. Was ist eigentlich mit den Mützen und Kapuzen?
    Mit den Schals und den Handschuhen?
    Wenn man nicht aufpasst, kann der Hinterman vor lauter Bommelmützen und Daunenjacken die Tafel nicht sehen.
    Man sollte Winterkleidungspflicht einführen.
    Und dann die Heizung auf 10 Grad runterdrehen.
    Das spart immense Kosten.

    • und sorgt für jede menge Ausfallstunden weil die Lehrer erkrankt sind. Ausserdem gibt es in der Arbeitstättenrichtlinie verbindliche Vorgaben zur Mindesttemperatur die auch für den Arbeitsplatz Schule gelten.

  15. Man darf ja auch nicht vergessen, dass der Lehrer die Verantwortung hat. Wenn da einer an Überhitzung (oder wie man das nennt umkippt) dann kriegt Frau Feitag Fragen gestellt. Sie muss auf die Gören aufpassen. Darf auch nicht zulassen, dass sie sich aus dem Fenster stürzen oder Drogen nehmen what ever. Und Klassenräume können echt heiß und stickig werden. Also nix Respekt. Sie handelt nach ihrer Verantwortung – fast wie eine Mutter! Ich bin stolz auf dich!

  16. Hm, zugegeben, vielleicht ist die Sache vorm Schreibtisch beim Bloglesen anders als vor der Klasse. Ich hab natürlich auch nicht das Bild vor Augen, ob der Junge da in einer kurzen Jeansjacke sitzt, die nicht größer ist als ein Sakko (da würde ja niemand erwarten, dass man es aus Höflichkeit auszieht), oder in einer dicken, langen Daunenjacke, die fast schon ein Mantel ist. Also: Meine Beurteilungsfähigkeit ist zugegebenermaßen begrenzt.

    Aber ich stelle mir vor, wie ich auf einen Brief reagieren würde: „Ihr Junge hat nicht genug Respekt. Er hat seine Jacke nicht ausgezogen.“ Es würde mir schwer fallen, meinem (hypothetischen) Jungen die Notwendigkeit dieses Respekts glaubwürdig zu vermitteln.

    Entweder es gibt allgemeine Regeln (im Idealfall gemeisam erarbeitet), wie man sich zu Unterrichtsbeginn arbeitsbereit macht (Tisch frei, Jacke aus, Material raus, Handy aus …), dann kann man sie durchsetzen. Oder es gibt sie nicht, dann muss man natürlich jedes einzelne Mal, wenn man meint, dies oder jenes stört trotzdem, die Sache mit Einzelbegründung durchkämpfen. Oder mit der „Begründung“ „Weil ich der Lehrer bin“ … Halte ich eher für aufreibend.

      • „Hm, zugegeben, vielleicht ist die Sache vorm Schreibtisch beim Bloglesen anders als vor der Klasse.“ –> Ja, allerdings! Wünsch jetzt schon mal viel Spaß für das Lehrerleben mit diesen naiven Einstellungen! Da winkt der Burn out schon um die Ecke.
        Natürlich gibt es Regeln, wie man sich zu Stundenbeginn arbeitsbereit macht, deshalb ja :Jacke aus. Und wenn ich das als Lehrer vom eh schon auffälligen Schüler verlange, kann ich nicht klein beigeben. Würd mal ein Praktikum bei Frau Freitag vorschlagen oder wahlweise auch gern bei mir und meinen 30 Erstklässlern und dann viel Spaß mit dem Uniwissen! 😉

    • Ich versuch’s mal …

      @PT: Die vier von Dir aufgeführten Regeln sind auch in der Freitag’schen Schule als allgemeine Regeln aufgestellt und werden von den Lehrern so gut wie möglich durchgesetzt. Wenn die Schüler nicht mitspielen (was im vorliegenden Fall offenbar seit Wochen der Fall ist) auch mal per Brief an die Eltern.

      Leider gibt es immer Tat zunehmend mehr Eltern, die der Meinung sind, daß jede Anweisung eines Lehrers erstmal im Familienrat ausdiskutiert wird und hinterher ggf. der Lehrer verklagt werden muß. Ich verstehe den Kommentar so, daß Du einer dieser Eltern wärst.

      Die Vorstellung, daß man die Regeln für ein akzeptables Verhalten im Klassenraum gemeinsam ausdiskutiert, finde ich putzig. Zwanzig bis dreißig Schüler sind der Meinung, daß „Handy aus“ eine blöde Regel ist. Der Lehrer ist anderer Meinung, möchte aber die Begründung „weil ich der Lehrer bin“ vermeiden. Was nun? Überzeugungsarbeit leisten? An die Einsicht und die Lernbereitschaft der Klasse appellieren? In meiner Welt funktioniert das noch nicht mal vom Schreibtisch aus … es ist okay idealistisch zu sein, aber das klingt schon fast naiv. Deine eigene Schulzeit kann doch nicht so lange zurückliegen, daß die Erinnerung daran verblaßt ist, wie man als Schüler mit den Diskutier- und Kumpellehrern umgegangen ist.

    • Nun, in meiner Schulzeit (Gymnasium) war das gar keine Frage. Unsere (in der Schulesehr konsequente, auf Klassenfahrten fantastische) Klassenlehrerin hat das einmal mit einem eher chaotischen Schüler durchgefochten mit dem Argument, dass er aussieht, als würde er gleich wiedergehen wollen. Und da fängt der Respekt an. Mit Jacke an sitzt man halt nicht mit der notwendigen inneren Bereitschaft da, jetzt eine Stunde lang zu arbeiten und sich zu konzentrieren. Diese Einstellung haben Fr. Freitags Schüler wohl eh nicht, aber zumindest rein äusserlich sollten sie so tun, als ob. Eben aus Respekt. Und diesen Respekt kann und sollsich einLehrer dochbitte auch einfordern können. Als Eltern machtmansich dann auch einen Kopf, was da los war, zumindest wenn dieLehrerin sonst nicht wegen jedem Quatsch schreibt. Und soweit ich das verstanden habe, ging es in dem Brief ummehr als nur die anbehaltene Jacke. Siehe Anlass vs. Ursache.

      Hm, das ist jetzt lang geworden für einen ersten Post. Naja, wenn einem die Diskussion aus den Pädagogikseminaren doch so bekannt vorkommt ^^

    • @ tom625:

      Wenn solche Regeln allgemein aufgestellt worden sind, den Schülern bekannt sind und auch sonst durchgesetzt werden, will ich gar nichts gesagt haben. Im Gegenteil würde ich es dann selbstverständlich für vollkommen richtig halten, sie grundsätzlich durchzusetzen. Sie nach Tageslaune mal durchzusetzen und mal nicht (oder Verstöße etwa gar gerade den Problemfällen durchgehe zu lassen) würde ich natürlich auch für verfehlt halten.
      Nur kam eine solche Regel in der Geschichte überhaupt nicht vor, woher soll ich das also wissen? Die Gegenbemerkung „Er muss die Jacke nicht ausziehen“ lässt ja eher das Gegenteil vermuten – so ist sie natürlich eine Oberdreistigkeit. Nur würde ich die Regel dann auch in der Auseinandersetzung mit dem Schüler und im Brief anführen.

      Wenn man um die allgemeine Regel nicht weiß, hört sich die Geschichte halt so an, als hätte Frau Freitag einem Schüler, von dem sie sich eh gestresst fühlt, eine dem Schüler willkürlich erscheinende Anweisung erteilt und sich dann bei erwartbarem Widerstand verkämpft.
      (Und, @pefferlozzi: Solches Verkämpfen bei zufälligen Auseinandersetzungen würde mMn Richtung Burnout führen, und das wäre ein weiterer Grund, warum ich es vermeiden würde. Das stringente Durchsetzen klarer Regeln, als dass es sich jetzt herausstellt, ist auch in diesem Punkt etwas völlig anderes, weswegen ich dir unter diesen Voraussetzungen recht geben muss.)

      Und ich wäre natürlich auch nicht der Typ Elter, der bei allem auf Widerstand schaltet und sofort die Lehrerin/die Schule verklagen will. Ebensowenig würde ich aber davon ausgehen, dass der Lehrer/die Lehrerin immer Recht hat.
      Deswegen würde ich auch auf einen Brief „Ihr Sohn verstößt wiederholt und provozierend gegen bekannte Regeln für den Unterricht“ auch völlig anders reagieren als auf einen Brief „Ihr Sohn ist respektlos, er zieht zB seine Jacke nicht aus, wenn ich ihm das sage“. Im ersten Fall würde ich die Durchsetzung sinnvoller, bekannter und begründeter Regeln selbstverständlich deutlich gegenüber meinem (hypothetischen) Kind unterstützen. Im zweiten Fall würde ich mir wohl denken: „Gute Frau, dafür, dass ein Pubertierender schon mal unhöfliche Verhaltensweisen zeigt und auch nicht unbedingt sofort pariert, müssen Sie schon eigene Strategien finden, ohne sofort um Hilfe zu rufen“, und dem Kind lediglich sagen, dass Jacke anbehalten im Unterricht ja nun tatsächlich eher Quatsch und unhöflich ist.

  17. Also,ich bin jetzt nicht „vom Fach“, und das ist auch sicher nicht die Erklärung, die angefordert wurde, aber:

    Es laufen mir in meinem eigenen Job oft genug Studenten und Berufseinsteiger über den Weg, die selbstverständlich alle genau wissen, wie es „richtig“ geht, was man alles falsch macht, wie es besser und effizienter wäre und was alles unnötig ist.

    Und manchmal haben die auch Recht.

    Deswegen nehme ich sowas auch gerne an und rede drüber, wenn es als Frage oder Vorschlag eingebracht wird.

    Aber in 95% aller Fälle haben die nicht Recht.

    Dann bringen sie ihre Gedanken aber trotzdem oft, um nicht zu sagen: meist, als Forderung oder Muss vor, oder im Tonfall von „Ihr macht das zwar schon 10, 15, 20 Jahre, aber ihr habt ja alle keine Ahnung, jetzt lasst mal den Profi ran“. Das sind dann Sachen bei denen ich nur den Kopf schütten kann und das patzig werden gerade noch abgewendet kriege, indem ich mir überlege, dass ich damals wahrscheinlich auch nicht besser war.

    Gut, Erfahrung muss jeder selbst sammeln, aber es wäre doch schön, wenn die Herren und Damen Studenten, egal, aus welchem Fachbereich, gelegentlich dran denken würden, dass eine Menge schöner Theorie in der Praxis einfach versagt – schon alleine, weil es dort viel zu viele Variablen gibt, auf die der Einzelne keinen Einfluss hat, und die zu behandeln das Schulbuch oder der Seminarreader auch gar nicht genug Platz haben. Weil die Uni in gewisser Weise doch immer mit der Idealsituation arbeitet. Selbst dann, wenn sie auf die Problemfälle eingeht. Weil der (Kurzzeit)Praktikant nie die „echte“ Routine im Job sehen wird, v.a. nicht, wenn es ein Job mit Menschen ist, weil er nicht lange genug vor Ort ist, um wirklich in das System eingebunden zu werden und nicht irgendwo noch ein „externer“/was Neues zu sein.

    Mit dem im Hinterkopf würde ich es mir heute sehr, sehr gut überlegen, was (aber vor allen Dingen: wie) ich kritisiere, bevor ich aus eingener praktischer Erfahrung weiß, was geht und was nicht. (Und selbst dann bleibe ich so subjektiv wie möglich, da es nie eine Lösung geben wird, die objektv für jede einzelne Situation funktioniert).

    • Bezieht sich das auf mich? Nach meiner Eigenwahrnehmung habe ich gerade nicht gesagt „Ich weiß alles besser“, sondern erst mal nur nach dem „Warum“ gefragt. Und bei meiner Meinung auch immer schön relativierend dazu gesagt, dass ich die Praxis ja erst noch vor mir habe.
      Aber unter diesem selbst eingeräumten Vorbehalt wird man eine Meinung ja noch äußern dürfen, oder? Ich hab auch meine Jacke ausgezogen …

  18. Bin ich froh, dass ich auf Gymnasiumschule war 🙂

    Die schlechten Lehrer haben Regeln durchgesetzt, die Guten haben uns machen lassen, was wir wollten, weil sie wussten, dass wir sowieso mitarbeiten.

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