Kränk

Krank. Der Hals. Aua. Aber ein ziemlicher Besucheransturm hier. Dank Spiegel online. Frl. Krise mault. „Wenn man auf meinen Link drückt, dann landet man im Nirvana.“ deshalb hier ein Link zu ihrer herrlichen Seite. da ist immer was los und obwohl sie auch krank ist, schreibt sie. Viel Spaß beim Lesen.

Wer mag schon Atom


„Frau Freitag, Japan!“
„Ja, voll schlimm. Ich kriege voll Gänsehaut. Heute morgen ist ja noch mal was explodiert.“
„Echt? Noch ein Atomkraftwerk?“
„Nein, aber so ein…na, also in dem einem Atomkraftwerk drin. Diese eckigen Teile. Hast du doch bestimmt gesehen im Fernsehen.“
„Frau Freitag??!“
„Ja, Elif?“
„Warum ist das eigentlich alles so schlimm?“
Ich spreche über Kernschmelze, Verstrahlung, erzähle von Tschernobyl. Es ist voll früh. Es ist voll leer. Es ist voll gemütlich. Die paar Schüler, die sich aus dem Bett gewagt haben sitzen ganz dicht an meinem Schreibtisch.
„Soll ich mal Radio anmachen?“, fragt Erol und wartet gar nicht meine Antwort ab. Wir hören die Nachrichten. Katastophennachrichten. Draußen und in der Schule ist es noch menschenleer und unheimlich ruhig. Ich komme mir vor als wären ich gemeinsam mit den Schülern sehr nahe dran an Japan.
„Frau Freitag, warum machen die das denn mit den Atomkraftwerken, wenn das so gefährlich ist?“, fragt Elif. Eine einfache und sehr schlaue Frage. Aber ich finde gar keine Antwort darauf. „Ich glaube, weil es billig ist. Sonst wüsste ich auch nicht.“

Das Radio ist wieder aus und in friedvoller Ruhe zeichnen die Schüler vor sich hin. Ich gucke sie mir an und denke: Die sind super. Jeder einzelne von denen.

Übrigens Danke

Ich möchte mich mal an dieser Stelle bedanken, für die vielen netten Kommentare, die ich nun schon jahrelang bekomme. Die bauen mich echt auf. Und wenn ich nicht immer alle beantworte, lesen tue ich sie alle und freue mich immer. Ohne die Kommentatoren wäre es hier echt sehr langweilig, so ganz alleine mit Frl. Krise. Immer nur ich schreib was und sie antwortet und sie schreibt was und ich antworte. Ich lese ja nicht viele Blogs, aber das liegt vor allem daran, dass ich abends immer so müde bin. Oft fast zu müde, um noch was zu schreiben. Dann muss ich ja auch immer noch zum Sport gehen. Das kostet ja auch immer Zeit und Kraft. Aber wenn ich dann nach hause komme und sehe, dass mir da jemand geschrieben habt, dann freue ich mich sehr. Außerdem kommt es mir ja auch schon so vor, als würde ich euch alle kennen. Für die, die mich nun im Fernsehen gesehen haben – sorry, wenn ich nicht so aussehe, wie ihr euch das vorgestellt habt. Hippiemäßiger war ich wohl in der einen Vorstellung. Innendrinnen bin ich voll der Hippie. Tja, ich sehe eigentlich ganz normal aus. Wie eine Lehrerin halt. Für die, die mich nicht gesehen haben – ist doch schöner, wenn man sich die Personen vorstellt und nicht weiss, wie die aussehen.

Also noch mal Danke. Auch dafür, dass ihr meinen Standpunkt hier immer richtig versteht. Und an dieser Stelle möchte ich mich auch distanzieren. Ja, ich habe ein Buch geschrieben. Ja, mein erstes Buch und nein, ich bin kein Medienprofi. Aber bitte glaubt mal nicht, dass ich etwas mit dem Artikel einer großen Boulevardzeitung zu tun habe. Ich bin entsetzt und geschockt davon. So möchte ich mein Buch auf keinen Fall verstanden wissen. Ich wußte davon nichts. Da kann man nur auf „Versendung“ hoffen.

In diesem Sinne wünsche ich einen schönen Abend. Meiner ist etwas versalzen.

Ausflug ins Paralleluniversum


Ja, ja Fernsehen-Schmernsehen… mein Leben lang sitze ich VOR dem Fernseher und plötzlich sitzt man mal drinne. So viel Aufwand für eine kleine Sendung. Was ich nicht wußte, dass sich mit einem Fernsehauftritt auch automatisch die Inkontinez einstellt. Ich musste noch nie so oft aufs Klo wie heute. Die letzte halbe Stunde lang musste ich auf Toilette und die letzten 20 Minuten knurrte mein Magen und jetzt bin ich wieder auf der Couch und gucke IN die Glotze. Das Beste an der ganzen Sache war die Maske und wie meine Haare aufgebauscht wurden. War mir nicht klar, wie viel man aus den paar Flusen auf meinem Kopf noch rausholen kann. Herrlich. Den ganzen Tag wippten sie mir noch so schön um meinen Kopf rum. Morgen hängt alles wieder schlapp runter. Such is life.

Morgen ist wieder Realität angesagt. Ungeschminkt und knallhart, aber irgendwie mit mehr Nachhaltigkeit als irgendnwas, was sich schnell wieder „versendet“. In diesem Sinne wünsche ich allen Kolleginnen und Kollegen: Frohes Schaffen und lasst euch nicht ärgern. Ist hart im Moment, aber die Osterferien lassen schon ihre Ohren sehen. Und der Frühling kommt bestimmt auch bald.

IT WAS A JOKE!!! Sorry for pulling your legs!


So ihr Lieben, ich wollte mich erst mal bedanken, für die Glückwünsche und mich dann verabschieden. Der Blog ist hiermit beendet. Das Buch ist fertig.

NEIN, NEIN, bevor das hier wieder falsch verstanden wird – DAS WAR EIN WITZ!!!!!

Also noch mal. Viele Dank für die vielen Glückwünsche. Und ja, ich habe das Buch geschrieben. Der letzte Eintrag war ein Gag. Ein Witz. Ein Joke. Nur ein Spaß. Das war keine besonders raffinierte Marketing Strategie, kein Viralmarketing – ich musste eben erst mal nachgucken, was das überhaupt ist. Wer hier schon eine Weile mitliest müsste eigentlich wissen, das Frl. Kirse und ich keine Experten in Sachen Marketing sind. Ich weiss z.B. immer noch nicht, was ein Rss-Fead-Dings ist, ich verlinke nichts, ich hinterlasse keine Kommentare auf besonders populären Blogs, damit ich mehr Leser bekomme und tue auch sonst nichts, was einem geraten wird, um seinen Blog populärer zu machen. Ich benutze sogar den falschen Artikel, weil ich finde, das der Blog besser klingt, als das Blog. Und über das eigene Buch auf dem eigenen Blog zu schreiben – soviel Werbung kann einem ja noch zugestanden werden.

Ja, und jetzt gibt es ein Buch. Und ja, ich wusste von dem Buch schon etwas länger. Und ich kann ja mal erzählen, wie das kam. Also, ich habe angefangen hier zu schreiben und habe keineswegs damit gerechnet, oder gehofft, dass ich das alles mal veröffentlichen kann.

Letzten Frühling bekam ich dann das Angebot, ein Buch zu machen. Hab ich mich gefreut? Klar habe ich mich gefreut. Das war alles völlig verrückt. Warum habe ich das hier nicht auf dem Blog erzählt? Ich habe es nicht mal meinen Freunden erzählt. Bis vor zwei Wochen wussten nur sehr sehr wenige Leute von der ganzen Sache. Da ist es doch klar, dass ich das hier nicht erzähle. Das hätte mich total bei der Arbeit gestört, wenn ich gefragt worden wäre: „Und das Buch, kommst du voran?“ Und ihr hättet hier auch nicht dauernd lesen wollen, wie ich dies und das überarbeite und wie ich nach dem zehnten Lesen der Geschichten gar nichts mehr lustig finde und wie ich totmüde kurz vor Weihnachten noch drei Teile aus dem Buch Korrektur lesen muss.
Also muss sich hier niemand verarscht oder reingelegt fühlen. Der letzte Artikel war echt nichts anderes als ein Witz, aber ich kläre das jetzt lieber mal auf, nicht, dass am Ende noch jemand beim Verlag anruft und nachfragt, ob die ein Plagiat veröffentlicht haben. Ich erwarte auch gar nicht, dass jemand, der hier lange mitliest das Buch kauft. Die Texte sind echt ziemlich ähnlich wie im Blog. Etwas anders arrangiert und es gibt ein paar hart erarbeitete Übergänge zwischen den einzelnen Geschichten. Aber nur wenig neues. Ich hatte echt Probleme auszuwählen, weil ich ja schon Material für zwei Bücher hatte. Und die Kommentare sind natürlich auch nicht nicht drin. Hatte ich am Anfang überlegt, aber das wäre sehr schwierig geworden und ziemlich dick und dann hätte ich jeden ja erst mal fragen müssen. Also ist das Buch was anderes als der Blog. Es ist ja auch auf Papier gedruckt und man kann es im Gegensatz zum Blog ganz gut auf dem Klo lesen. Und im Bus. Aber kaufen muss das niemand. Echt nicht.

Ja, nun ist das Buch da. Ich bin immer noch Lehrerin. Halt Lehrerin mit Buch und irgendwann kräht auch kein Hahn mehr danach. Da sitze ich dann immer noch hier und schreibe am Freitagnachmittag, wie mir Dschingis auf die Ketten gegangen ist und wie ich mich darüber geärgert habe, dass Esra und Marcella wieder Mathe geschwänzt haben.

WAS DAS?

WAS IST DENN DAS???????? Ich surfe eben so unbedarft durchs Internet und stoße auf DAS hier! Was ist das? Ein BUCH??? Von Frau Freitag? Das bin doch ICH!

Ich bin total schockiert. Eben finde ich auch noch eine Leseprobe. Das sind orginal meine Texte aus meinem Blog. Aber wer hat das denn geschrieben? Frl. Krise, warst du das? Shannon? Christian? Wer hat denn da meine Texte zu einem Buch verwurstet? Ich glaub es einfach nicht.

Und was ist das für ein komischer Titel? „Chill mal…“ Und was soll dieser Vogel da auf dem Cover? Und wie kann jemand mit meinen Texten ein Buch machen? Nur weil ich die hier ins Internet stelle heißt das doch noch lange nicht, dass die für jeden zur freien Verfügung sind. ich bin entsetzt. Christian, Herr Anwalt, kann ich die Person verklagen? Medizinicus, hilfe, mein Blutdruck!

Frl. Krise, gib’s zu, du warst das! Und wo sind die ganzen Kommentatoren? In der Leseprobe waren die gar nicht drin. Wenn die nicht im Buch sind, dann ist das doch gar nicht so wie der Blog…

Ich muss mir unbedingt dieses Plagiat besorgen. Aber ich will da doch kein Geld für ausgeben. Kostet fast 10 Euro. Voll teuer – Kriege ich doch zwei Packungen Zigaretten für. Aber ich will wissen, was da drin steht. Kann sich das mal jemand kaufen und mir berichten? Frl. Krise? Shannon? Ihr seid doch Beamte und verdient viel mehr als ich. Und wieso sollte denn jemand überhaupt dafür Geld ausgeben – man kann das doch alles hier umsonst lesen. Und da gibt es ja sogar noch Kommentare.

Also, lieber Dieb, melde dich mal hier. Das geht doch nicht, dass du einfach meine Texte klaust. Und am Ende hast du dafür auch noch Geld bekommen. Unverschämtheit. Frl. Krise, ruf mich an!!!!

Trägt man heute so


Was ist das mit der Mode heute? Wenn ich mir mal was zum Anziehen kaufen will, dann gibt es nichts. Gibt es vielleicht die Sachen, die mir gefallen würden immer dann, wenn ich gerade nicht in die Läden gehe? Langsam kommt es mir vor wie eine Verschwörung.

Also zum Beispiel jetzt – ich will mir Hosen kaufen – stinknormale Jeans. Ich gehe in den einen Laden, bei mir um die Ecke und grabsche alles an, bis endlich eine Verkäuferin kommt.

„Ja, Sie können mir helfen – ich suche eine Hose. So eine normale. Möglichst unmodern und ohne Schnickschnack. Natürlich nicht zu eng.“

„Hmmmm, schwierig. Also die hier und die, das sind Röhrenjeans. Und die hier ist unten mit Gummizug.“

„Uiiiihhhh, nein, so was geht gaaar nicht. Die sollten schon ein wenig weiter sein. So bequem halt.“

Sie breitet ein paar Hosen vor mir aus, die alle aussehen, als käme man zwar oben rein, unten mit dem Fuß aber nicht mehr raus. Ahhh, denke ich – typisch, wieder ein ganz schlauer Schachzug der Bekleidungsindustrie. Es gibt mal wieder nur einen Style.
„Man soll jetzt nur enge Hose tragen, oder?“, frage ich, denn ich will in dieser Modeboutique auch nicht völlig ahnungslos rüberkommen. „Trägt man jetzt so, nicht? Enge Hosen. Tja, na, ich kann ja mal eine nicht ganz so enge von den Engen anprobieren.“

Mit einem Stapel Beinkleider mache ich mich auf den Weg in die Umkleide. Wenigstens ist die Beleuchtung hier nicht so fies cellulitisbetont wie in den Kaufhäusern. Scheiße sieht man trotzdem aus. Meine Unterhose hat Löcher. Ich nehme die erste Hose und schon beim Anziehen merke ich, wie mir die Blutzufuhr abgeschnürt wird. Die also schon mal nicht. Die Zweite ziehe ich mit enormer Kraftanstrengung nach oben und kann sie sogar schließen. Ich gehe raus und gucke in den Spiegel.

„Sieht super aus“, stellt die Fachverkäuferin ungefragt fest. Das sagen sie immer. Immer sieht es super aus, nur mir gefällt es nicht. Vielleicht sollte ich einfach eine „Röhre“ in zwei Nummern zu groß nehmen. Ich betrachte mich und muss unweigerlich an die Leggings meiner Schülerinnen denken. Was die sich trauen. Mir ist die Zurschaustellung meines Oberschenkelfetts echt ein Graus. Hose also wieder aus, die nächste an, wieder aus und dann noch eine.

Irgendwann kann ich nicht mehr. Ich will aber unbedingt konsumieren, also kaufe ich eine ziemlich enge schwarze Hose. Trägt man halt so heutzutage, denke ich an der Kassa.

Das war gestern. Da heute mein Konsumrausch noch nicht gestillt war, habe ich den Freund genötigt sich neu einzukleiden. Der hat nun wirklich nie Bock sich neue Sachen zu kaufen und sieht deshalb oft so aus, als wären wir ausgebombt und alle Einkaufsmöglichkeiten auch.

Und wie lief das mit dem dem? Die Verkäuferin: „Weite Hosen – kein Problem. Hier.“
Er – Hose an: „Passt, Nehm‘ ich.“ Das ging mir viel zu schnell, deshalb nötige ich ihn noch eine in schwarz und eine Jeans anzuziehen. Gibts doch gar nicht. Der zieht drei Hosen an, alle drei Hosen sehen gut aus und wurden deshalb auch alle gekauft.

Schön, dass die Männer in ihren weiten, bequemen Hosen, uns Frauen in den unbequemen Röhrendingern hinterher glotzen können. Ungerecht ist das. Schönen Dank, liebe Bekleidungsindustrie.

JA, NEIN, JA

Ja, nein, ey, nein, komm ey, ich bin echt zu müde. Geht gar nicht heute. Ich kann gerade noch was essen, Gossip Girl auf dem Laptop gucken, vielleicht noch den Anfang der Auswanderer, was essen. Mehr geht dann nicht mehr. Zähneputzen schaffe ich wahrscheinlich nicht mehr. Sorry.

Ist doch alles in Ordnung


Ach heute war nett. Heute saß ich entspannt mit meiner Klasse rum und wir haben uns unterhalten. Über ihre Eltern. Abdul hat erzählt, dass sein Vater jetzt einen Deutschkurs macht, aber nie seine Hausaufgaben. „Und er benutzt die Artikel immer falsch.“ Kichernd erzählt er, welche Fehler sein Papa macht. Fatma schmeißt sich weg, weil ihre Mutter neulich am Telefon gesagt hätte, dass sie jetzt auf ein Gymnasium geht, obwohl sie nur einen Deutschkurs besucht. „Meine Mutter macht auch einen Deutschkurs“, erzählt Elif „Voll schlimm, immer nur: ich bin; du bist; er ist…“

Süß, da sitzen meine Schüler und amüsieren sich darüber, dass ihre Eltern Bildungsmäßig noch soooo weit entfernt sind von ihnen. Dann geht es ums Kinderkriegen. „Mein Kuseng ist fast im Klo geboren“, erzählt Fatma. Die Mädchen sind sich einig, dass sie höchsten drei Kinder haben wollen. „Vallaha, ich will nicht so leben, wie meine Mutter. Immer nur zu Hause und den Haushalt machen.“

„Ist nicht schwer Haushalt. Mach ich immer“, sagt Elif.
„Ja, ich mach auch immer alles“ sagt Fatma, „aber ist voll langweilig.“
„Naja, manchmal denke ich – ist doch auch schön. Meine Mutter kann immer zu Hause chilln und ich muss zur Schule gehen.“

„Also ich will auf jeden Fall arbeiten gehen. Und ich will auch nicht so früh heiraten“, sagt Elif.
Fatma: „Hast du gehört, Ebru ist verheiratet. Sie bereut es voll. Sie sitzt immer nur zu Hause und langweilt sich.“

Ach herrlich, so könnte es immer sein. Die Schüler erzählen mir aus ihrem Leben und von ihren Zukunftsvorstellungen und alles hört sich gut an. Warum sollte man sich da noch Sorgen machen. Das wird schon. Ich bin da ganz zuversichtlich, weil die einfach ganz toll sind.

Da kann ich jetzt entspannt die Horrorgeschichten von Frl. Krises Klasse lesen und später die Mädchengang gucken.

Ahmet der Hurensohn


„So, jetzt setzt euch mal alle hin.“ sage ich mit letzter Kraft am Ende der Stunde. Fünf Minuten trennen mich vom Wochenende. Dschinges mit seinem ADHS und die anderen mit ihrer verrohten Sprache haben mir heute echt den Rest gegeben. Warum mache ich mit denen auch Pappmacheeee in Kunst. „Ich fass den Schleim nicht an.“ „Das ist Kleister. Kein Schleim. Tapetenkleister.“ Mittlerweile nennen sie es schon Gleim. „Ihhhhh du hast mir Gleim an die Jacke geschmiert, Hurensohn.“ Und bevor aufgeklärt werden kann, dass es sich lediglich um Wasser handelte, hat Dschinges eine Ladung Gleim auf seinem Pulli.

Zu Beginn jeder Stunde rennen die Jungs (in diesem Kurs sind NUR Jungs) durch den Raum und schlagen sich mit ihren Pappmachetieren. Dabei flogen gleich zwei Beine ab. Ahmet arbeitet seit Stunden gar nicht mehr an seiner Plastik. Ich sage ihm dann immer, dass er dann auch gehen kann. „Aber dann bekomme ich eine Fehlstunde“, gibt er als Begründung dafür ab, dass er bleiben möchte. Er hat einfach Angst was zu versäumen. Ich hätte gar nichts dagegen, diese Stunden zu versäumen. Gerne würde ich dafür die eine oder andere Fehlstunde in Kauf nehmen. Heute arbeitete Ahmet sogar. Aber am Ende sah ich, dass er nur ganz viel Kleister auf den Kopf von seinem Pinguin gemacht hatte – damit der schön fest ist für die nächste Stunde – Verbesserung der Waffen. Nächste Stunde verstecke ich das Teil. Mal sehen, womit er dann kämpfen möchte.

Irgendwie schaffe ich es die Stunde zu überleben. Am Meisten nervt echt die versaute Sprache der Jungs. Keine Klasse, die ich unterrichte ist so dermaßen ordinär, wie die. Ständig geht es nur ums f… obwohl die das alle noch nicht machen. Und jeder Satz beginnt und endet mit „du Hurensohn.“

Jetzt sitzen sie alle ruhig auf ihren Plätzen. Der Raum ist aufgeräumt und ich möchte ihnen ihre Mitarbeitsnoten vorlesen. Ein kleines Ritual am Ende jeder Stunde, das wir alle mögen, denn so können wir alle in den letzten fünf Minuten einfach nur rumsitzen.

„So, jetzt eure Noten.“
Ahmet guckt mich entsetzt an: „Was haben Sie gesagt? Ihr NUTTEN????“

„Ja Ahmet, ich habe gesagt: ‚So ihr Nutten.‘ Ja Ahmet, du Hurensohn, genau das habe ich gesagt.“

Jetzt versteht Ahmet die Welt nicht mehr. Frau Freitag hat „Hurensohn“ zu ihm gesagt. Bevor er diese für ihn völlig ungewohnte Situation einordnen kann, kläre ich ihn auf.

„Ahmet, das war ein Witz, aber so redet ihr die ganze Zeit. Ich kann es echt nicht mehr ertragen.“

Die anderen kichern, jetzt grinst auch Ahmet wieder, es klingelt, wir wüschen uns alle ein schönes Wochenende und schlendern in unseren Feierabend. Und draußen scheint sogar die Sonne.