„Heute Kinder wird’s was geben…

… heute werdet ihr euch freu’n. Welch ein Toben, welche ein Beben wird in euren Häusern sein.

Achtzehn Wochen nichts gemacht – heißa heut‘ ist Zeugnistag!!!“

Hihi Zeugnistag… stoisch nahmen sie die Beweise für ihr dumpfe Faulheit in Empfang. Wortlos ließen sie die pädagogischen Worte über sich ergehen, während ich in der einen ihre Hand und in der anderen ihr Halbjahreszeugnis hielt.

„Nach oben alles offen.“ Wie oft habe ich das heute gesagt? „Bessert euch, tut was, ändert euch!!!“ „Und seht zu, wie ihr eure Eltern besämpftigen könnt. „Letzte Chance! Ich schwöre ich bessere mich. Ich werde ab jetzt immer lernen. Ich werde versetzt. Ich versprech’s. Ich schwör’s!“

Ihr lieben Eltern: Traut den Versprechungen nicht. Nehmt euch die Schultaschen oder das, womit sie täglich losziehen, wenn sie sich im Laufe des Vormittags aus dem Haus entfernen. Werft mal einen Blick hinein. Nur Schminkzeug und die vermisste Bürste. Keine Federtaschen. Kauftet ihr nicht alle ein Hausaufgabenheft. Und ja, die Bücher gehören der Schule und Frau Freitag wird sie so garantiert nicht wieder annehmen. Die waren noch vor 18 Wochen nagelneu und nun seht sie euch an. Die werdet ihr bezahlen müssen. Fangt schon mal an zu sparen. Und sollte hier in der Tasche nicht auch mal ein Hefter liegen oder so etwas wie ein Block? Habt ihr eurem Kind nicht Geld gegeben, damit er/sie/es sich Schulsachen kaufen kann? Gebt ihr ihm/ihr nicht jeden Monat Geld dafür?  Und nun das!

Seht euch die Zeugnisse genau an! Überall wimmelt es nur so von schlechten Noten. Nein, eine Vier ist keine gute Zensur, laßt euch das nicht erzählen. Lobt nicht die Drei in Kunst, die ist aus Mitleid vom warmherzigen Frl. Freitag sprendiert worden. Was ist mit Deutsch, Mathe, Englisch? Fragt nicht schon wieder was Arbeitslehre ist. Merkt euch doch einmal, was das E oder das G vor den Noten heißen soll, eure Kinder gehen doch nicht erst seit gestern auf diese Schule… wie hieß doch doch gleich? Nicht gleich fünf Euro geben und das Kind nach draußen schicken! Handy wegnehmen, Kabel einziehen vom Computer, Fernseher konfiszieren! Tasche entrümpeln, mit Kind gemeinsam! Vielleicht sogar Nachhilfe. Ja, sowas gibt es. Ja, nicht nur für Gymnasiumkinder! Ihr müsst nicht automatisch am Arsch der Gesellschaft hocken bleiben. Müßt ihr ganz und gar nicht und laßt euch von eurem Kind nicht erzählen, es hätte keine Chance. Die Klassenbeste ist keineswegs ein Bildungsbürgerkind! Und denkt mal daran, was für eine gute Partie eure Kinder auf dem Heiratsmarkt abgeben, wenn sie ihr Geld selbst und vielleicht nicht in der Gebrauchtemobiltelefonvertriebsbranche verdienen würden. Fördern und Fordern. Das gilt nicht nur für „in der Schule“, sondern auch für euch! Über ein wenig mehr Mitarbeit eurerseits wäre ich euch zutiefst dankbar und jetzt wünsche ich euch noch viel Spaß mit euren Gören zu Hause. Vormittags sind sie immer ganz besonders niedlich.

4 Gedanken zu “„Heute Kinder wird’s was geben…

  1. Liebes, nettes Frl. Freitag,

    ich hoffe mal, dass du nicht nur so warmherzig sind Dreien in Kunst zu verteilen, sondern auch armen Kolleginnen auf die Sprünge zu helfen.
    Es kann daran liegen, dass die meine eine andere Schulform ist, aber was bedeuten denn diese „E’s“ und „G’s“ vor den Noten?
    Ansonsten wünsche ich dir ein angenehmes Wochenende und (falls das bei deiner Schule auch der Fall ist) einen schönen beweglichen Ferientag.

    lg, Shannon

    • liebes nettes frl shannon,
      g heißt grundkurs – da sind die deppen, e – besserer kurs – da sind die deppen die sich benehmen können. all diese differezierung passiert in den leistungsdifferenzierten fächern : deutsch, mathe, engl, bio, chemie und physik, halbjährlich kann man auf- und absteigen. manche schüler tun das auch halbjährlich – fahrstuhlschüler.

  2. Der wind im web wehte mich durch den winterwald auf diesen blog!

    Ich freue mich, dass es noch so herzensgute und nette lehrerinnen gibt! Wie einfühlsam du sogar von diesen desinteressierten eltern sprichst! Die Kinder können sich glücklich schätzen, dich zur klassenlehrerin zu haben. Alla achtung!

  3. als wenn die nach der schule nach hause gehen würden…
    es gibt doch mich oder wenn ich mich unwillig zeige und auf die tür, das einkaufscenter. die reihenfolge kann auch center tür – ich sein.
    ist egal, sie sind nicht zuhause!
    grüße

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