Die längere Schreibpause hatte seinen Grund. Ist jetzt aber auch egal. Wie oft haben Leute in ihr Tagebuch geschrieben, „Wer das liest ist doof und gemein“ Nützt halt nicht immer. Vielleicht sollte man Tagebücher sicherer verstecken. Vielleicht sollte man mit dem Blog ab und zu umziehen. Vielleicht, vielleicht, vielleicht…..
In der letzten Woche ist so viel passiert, ich weiß gar nicht, worüber ich schreiben soll. Hatten wir Ferien? Ist schon November? Warum bin ich schon so fertig? Stehen wir kurz vor den Sommerferien? Wer finanziert Frau Dienstags Kleinstklasse? Warum sind die Bedingungen bei Frau Dienstag und wahrscheinlich bei allen anderen so viel besser als bei mir?Komme ich wenigstens später dafür in den Himmel (ich kommme bestimmt ins Paradies und kann mich da gegen eine Weintraubenbezahlung mit meinen ehemaligen schülern rumärgern) und die anderen nicht: „Ihr hattet doch so einen easy Job, jetzt mal schön ab in die Hölle… nur die arme Frau Freitag hat sich immer halbtot gearbeitet. Kommen Sie rein Frau Freitag…Frl. Krise wartet schon auf sie. Die ist dahinten und strickt.“
Können sich hier nicht mal ein paar Referndare melden und von ihrem Elend erzählen, damit ich mich nicht ganz so fertig fühle? Vielleicht war die letzte Woche auch nur zu anstrengend.
Ich bin schon so abgearbeitet, dass ich aus den Berichten im Fernsehen über Ansbach nur rausfilter, dass der Unterricht für die Schüler am Freitag ausfällt. „Haben die es gut, keinen Unterricht heute…“, dass da ein Irrer mit Molotowcocktails und einer Axt durch die Schule rannte blende ich irgendwie aus. Heute morgen war ich aber darauf vorbereitet, mit meiner Klasse darüber zu sprechen.
Ich dachte mir im Bus: Wenn einer damit anfängt, dann machen wir einen Stuhlkreis und reden über A-mokläufe, wie es dazu kommt und ob Kevin in meiner Klasse auch schonmal darüber nachgedacht hat. Mobbingerfahrungen hat er ja schließlich seit zwei Jahren gesammelt. Aber kann ich den so direkt fragen? Bringt ihn das dann vielleicht auf Ideen? Wie redet man denn über Mobbing, wenn einer in der Klasse gemobbt wird. Wäre gut, wenn Kevin heute fehlen würde. Vielleicht will der ja darüber sprechen. Vielleicht könnten, und würden sich die anderen ja heute bei ihm entschuldigen.
An der Bushaltestelle habe ich mir erstmmal eine Zeitung gekauft, weil da bestimmt sehr viele Hintergrundsberichte drin stehen und nicht nur der oberflächliche Kram, den das Fernsehen immer so bringt. Die haben doch heute morgen gesagt, dass dieser Typ morgen, also heute auf eine Kursfahrt fahren sollte und niemand mit ihm ins Zimmer wollte. Da steht bestimmt in der Zeitung ganz genau, wer in seiner Klasse war und wie fies die 13 Jahre lang zu ihm gewesen sind. Ist ja auch voll gemein, da fahren die schonmal weg und dann muss er sich am Ende noch mit den Lehrern ein Zimmer teilen. Wer käme da nicht mit der Axt in die Schule? in der Zeitung dann – nix. Nicht mal ein Interview mit einem Psychologen, der die Gemeinsamkeiten aller A-mokläufe in den deutschen Provinzgymnasien aufzeigt. Alles Mobbingopfer ersten Grades. Statt mehr Frühwarnsystemen und mehr Polizeipräsenz in den Schulen würde ich allen Lehrern eine Fortbildung zum Thema Mobbing aufdrücken. Aber mich fragt ja mal wieder niemand. Und bis ich was zu sagen habe, sind vielleicht schon alle Gymnasien von irgendwelchen Counterstrikefreaks geamokt worden. Komisch, dass das nie in den Medien thematisiert wird. Die laufen doch nicht A-mok, weil sie Counterstrike spielen, sondern, weil ihre Mitschüler sie jahrelang quälen und im besten Fall ignorieren. Und dann kommen die auch noch ins Fernsehen und sagen da:“ Er war eigentlich immer alleine.“ „Er war nie mit anderen zusammen und er hatte keine Freunde.“ Meistens werden diese Mitschüler erst einen Tag nach der Tat ausfindig gemacht. Ich werde mal gleich den Fernseher anmachen und meine These überprüfen.
In meiner Klasse hat übriegens niemand den Fall erwähnt und wir haben uns gemeinsam durch eine langweile Rechtschreibstunde gequält.
Ahhhhhhhhhhh! Frau Freitag!
Herzlich willkommen in ihrem blog!
Wenn sie umziehen wollen in einen anderen blog (wegen gewisser leser oder so), dann müssen sie aber hier sagen, wohin der umzugswagen fährt! Und dann können es ja wieder alle lesen….also, das geht nich! Bleiben sie mal schön hier! Ehrlich gesagt…..wer liest das hier schon? Schule is doch kein thema….
Amok schon eher und amok IN der schule erst recht…..dachte ich bisher.
Aber bei uns hat auch keiner vom amok geredet! Ach doch, merve hat gesagt: „In BREMEN war amok, is aber gar keiner tot.“ Ende. Tscha…ganz schön abgestumpft…
Frau Freitag, noch eine bemerkung zum paradies, in das wir beide unweigerlich kommen werden: Ich werde da bestimmt nicht stricken! (Es ist doch wohl warm da, oder?) Aber was macht man dann den ganzen Tag im paradies? Darüber muss ich mal am wochenende nachdenken…..
tschööööö
-ö- wollte sagen: lol
und schön dass es wieder wat zu lesen gibt und übrigens haben wir heute über den amuk-lauf geredet…war ne sehr interessante stunde: zwei zitate: “ kommt immer nur in gymnasien und realschulen vor“ und „kleinvieh macht auch mist“ (<- ein schüler zum thema kleine hänseleien)..
und übrigens: wer hatte ne rechtschreibstunde?
rechtschreibung is totally overrated
und was lehrer so mit dem namen kevin u.ä. verbinden, darüber gibt es eine untersuchung- guckst du bei spiegel-online…
ich hab eh den verdacht, dass das gesamt schulsystem- und so weiter…
Schön, dass sie wieder da.
Einer der nettesten Jungen aus unserer Siedlung, einer von denen, die ich am liebsten mag, der, der meiner Kleinen „Heile, heile Segen“ gesungen hat, als sie sich mal verletzt hat, also ein wirklich lieber Kerl, der lief hier vorgestern Amok. Mit aggressivem Treten, wild mit dem Stecken drauflos hauen, einfach völlig in Rage.
Hatte ich noch nie erlebt und mich schön gewundert. Als ich ihn später fragte, was denn los sei, ist er fast in Tränen ausgebrochen und weggelaufen.
Am nächsten Tag hatte er dann Redebedarf und erzählte: Seit Anfang der Woche auf einer neuen Schule und schon fliegen die Fäuste und kurz vor dem obersten Treppenabsatz warten die ausgestreckten Füße auf Kinder, die hinüber- und die Treppe hinunter stolpern… Die Burschen legen eine Hackordnung fest, und das mit Gewalt. Zehn Jahre sind sie alt und wir reden hier von einer angesehenen Schule in der Nachbarschaft…
Ein anderes Nachbarmädchen wird in der Klasse zur Außenseiterin gestempelt, nur damit sich die anderen besser fühlen…
Das tut mir in der Seele weh.
So long,
Corinna
„Können sich hier nicht mal ein paar Referndare melden und von ihrem Elend erzählen, damit ich mich nicht ganz so fertig fühle? Vielleicht war die letzte Woche auch nur zu anstrengend.“
Was für eine nette Idee 😉 Ganz ehrlich, irgendwie fühlt man sich ja schon besser, wenn man merkt, dass es anderen in dem Beruf mindestens genauso mies geht wie einem selbst, das man vielleicht doch nicht total ungeeignet ist. Die Kollegen, die „nie Probleme“ haben, bei denen immer „alles glatt läuft“ und die von den Schülern respektvoll „Sie sind so cool, Herr xy“ angeredet werden sind es, die einem den Tag versauen- zumindest, wenn sie freudig strahlend davon erzählen.
*outet sich als bisher stille Mitleserin*
Liebe Frau Freitag,
auch bei uns war das Thema „Amoklauf in Ansbach“ kein Thema. Erstens ist das weit weg im „Ausland“ passiert und zweitens haben wir (mir bewußt) seit Winnenden irgendwie immer die Hanseln bei uns sitzen, die entweder selber mit Amokläufen drohen oder von Lehrern als „potentiell brandgefährlich“ bei uns vorgestellt werden. Ja, auch wir sind ein wenig „abgestumpft“.
Mich selber hat es auch verwundert, dass in den Medien nicht mehr berichtet wurde, die Hintergründe bisher nicht beleuchtet wurden. Sehr gefreut habe ich mich darüber, dass Sie darauf hinweisen, dass eben nicht die „Counterstriker“ die sind, die Amok laufen (zumindest nicht darauf zurück zu führend), sondern die Isolierten, Gemobbten, Einzelgänger….
Es grüßt die Kinder- und Jugendpsychiaterin
Ungefähr bei 3.21 sagt die Pseudo-Rados, dass 10 Schulpsychologen in die Schule zur Betreuung kommen. 10! 10? Die haben sie dann wohl aus ganz Deutschland dahin gekarrt, denn:
„“Deutschland ist in der Ausstattung mit Schulpsychologen hingegen europäisches Schlußlicht“, betonte Seifried. Während Rußland an jeder Schule mindestens einen Schulpsychologen beschäftige, der für rund 500 Schüler zuständig ist, betrage die durchschnittliche Relation in Deutschland eins zu 12 000. In Großstädten wie Berlin, Hamburg oder München sehe es mit einer Relation von einem Psychologen für 6000 Schüler etwas besser aus.“
aus:http://www.morgenpost.de/printarchiv/berlin/article273770/Jede_Schule_braucht_einen_Schulpsychologen.html
Alleine im Schulamt Ansbach finde ich auf der Seite des Schulamtes 6 Schulpsychologen, dazu noch 4 aus Nürnberg oder Würzburg et voilá, schon habe ich 10 Schulpsychologen. Ob die allerdings fit für diesen Job sind, wage ich zu bezweifeln. Bei uns ist es so, dass für solche Fälle die Schulpsychologen eher weniger ausgebildet sind, aber es ist eine „Trauma-Task-Force“ aus den Psychiatern und Psychologen des Landschaftsverbands eingerichtet worden….
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