Ich lese gerade das Buch „Lob der Schule – sieben Perspektiven für Schüler, Lehrer und Eltern“ (Nur sieben! – Mehr gibt’s nicht! Ich bezweifle, dass irgendein Schüler dieses Buch liest, also bekommen die Lehrer und Eltern jeweils 3,5 Perspektiven.) Das Buch scheint irgendwie eine Antwort auf „Das Lob der Disziplin“ zu sein. Das Disziplinbuch habe ich nicht gelesen, aber ich werde hier trotzdem mal eine kurze Rezension liefern. Naja, was soll da schon drin stehen? Disziplin ist gut/besser als sein Ruf, und gerade heute und die Eltern und keine Grenzen setzen und der Medienkonsum und Counterstrike, schlechte Ernährung und Erfurt und deshalb ruhig mal wieder eine scheuern.
Aber da wir das in der Schule ja nicht dürfen – also als Lehrer jedenfalls nicht – geht man den Umweg über Disziplin. Struktur und Ordnung, Regeln, Grenzen, ruhig mal einen ordentlichen Hefter einfordern, auch mal Stillsitzen usw. Ich frage mich allerdings, mit welchen Disziplinlosigkeiten sich Herr Bueb als Direktor des Internats Salem hat rumschlagen müssen, bis ihm der Kragen platzte und er deshalb sein Buch schrieb. Oder beschreibt er nur, warum in Salem alles so toll läuft? Hätte das Buch nicht auch „Lob der teuren Privatschule“ heißen können? Vielleicht liege ich aber auch völlig falsch und der Titel „Lob der Disziplin“ ist pure Ironie und Herr Bueb beschreibt seinen verzweifelten Versuch, aus Salem ein zweites Summerhill zu machen.
Zurück zu „Lob der Schule“ hier beschreibt jemand, der selbst nicht Lehrer ist, mal wieder wie Schule und der perfekte Lehrer sein sollten. Ach, ich liebe dieses ‚Schule’ ohne Artikel. Ein wohliger Pädagogenschauer läuft mir den Rücken hinunter, wenn ich Titel lesen wie: Schule neu denken. In Schule klarkommen. In Schule arbeiten – ich bleiben. Den türkisch migrierten Schülern schlage ich ihre Aufsätze um die Ohren, wenn die mal wieder vergessen, dass es im Deutschen Artikel oder Präpositionen gibt oder sagen: „Ich war Cafeteria.“ Aber in Fachtexten verweißt ein freistehendes „in Schule“ auf den echten Insiderblick.
Jedenfalls die berühmte Lehrerpersönlichkeit: Gerecht, humorvoll, zugewandt, authentisch usw. Der Autor verrät sogar 12 Tipps zum Auftreten des Lehrers: z.B. Sei nett, aber nicht anbiedernd. Was soll das heißen? Freundlich grüßen, aber nicht am Joint ziehen? Oder: Prüfen Sie, ob sie Freude am Leben haben und das auch auf der Arbeit zeigen „dürfen“. Was soll das heißen? Wenn ich mal nicht gut drauf bin, darf ich nicht unterrichten? Wo stand denn in meiner Arbeitsplatzbeschreibung, dass ich nur eingestellt werden kann, wenn ich das Leben liebe? Klar, schön wäre es, wenn es in Schule nur glückliche Lehrende gäbe. Aber irgendwie sieht der Alltag doch anders aus. Und ehrlich gesagt kann selbst ich, die fast täglich auf der manischen Welle ihrer Depression reitet nicht immer nur lächeln. Und wenn man mal einen echt miesen Tag hatte, warum kann dann nicht das Gebot der Authentizität greifen? Kann ich mich dann nicht mal so richtig authentisch auskotzen, so voll zugewandt, den Schülern meine schlechte Laune, die ich durch ihr undiszipliniertes Verhalten bekommen habe so ganz gerecht über den Kopf gießen? Das wäre in jedem Fall schülerrelevant und adressatenbezogen. Und wenn ich später darüber lachen kann, dann kommt doch auch der Humor nicht zu kurz.
Ach Frau Freitag….
nun müssen wir uns hier auskotzen..äh überbrechen, weil man/frau das ja nich bei den Anvertrauten tun darf….
Ich bin heute milde gestimmt – 3 frei Tage und kein Kind in Sicht!
Meine lieben Kleinen waren diese Woche eigentlich unverhältnismäßig friedlich (gut- Erkan hat Hülya mit einem Stock geschlagen- „aber nich doll, bloß ein bisschen“, Samson fehlte die ganze Woche unentschuldigt und Ugur und Baris fehlten drei Tage wegen eines Sonnenbrandes(!), Canan und Nadja haben sich geprügelt und so weiter und so weiter), so dass ich nur mittelzerüttet bin. Ich begrüße inzwischen auch, dass ich nicht mehr das Gefühl habe Jugendliche zu unterrichten, sondern die Bewohner eines Altenheims. (Der Unterricht musste mehrmals abgebrochen werden, weil ich mich um Bandscheibenvorfälle,
Steißbeinschmerzen, Schulterzerrungen, unklare akuter Bäuche, schwere Augenleiden, Handschmerzen und dergleichen kümmern musste.) Dabei kommt mir mein Vorleben als Schwester Krise natürlich zugute. Ich werfe im Allgemeinen einen prüfenden Blick auf das betreffende Organ und lege kurz die Hand auf. Dann sage ich einen tröstlichen Satz, etwa so:“ Oh, Oh, Gott sei Dank gibt es ja heute sehr gute Narkosemittel bei Amputationen…“ und schwupps, werde ich Zeige einer Spontanheilung. Allerdings werfen mir die Kranken undankbarerweise meist wilde Blicke zu und bezeichnen mich als herzlose Person. Dabei sollten sie sich mal darüber freuen, dass ich diagnostisch und therapeutisch viel besser bin als Frau Dr. Herta Hempel, die sie wegen jedem Pups gleich eine Woche krank schreibt…..Schließlich steht das Fach „Wie werde ich ein perfekter Hypochonder“ nicht auf dem Stundenplan!!!
So, jetzt muss ich einkaufen gehen, es gibt allso doch noch ein Leben nach der Schule…*wunder
Tschööööö, bis bald hier und anderswo!
Frl. Krise
” Disziplin ist gut/besser als sein Ruf,…“
sie die disziplin IHR ruf. scnr.